Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Sich helfen lassen, ist gar nicht so einfach. Es kostet manchmal Überwindung. Ich will ja niemandem zur Last fallen. Ich will auch bei niemandem in der Schuld stehen. Und vor allem fällt es mir schwer, zuzugeben, dass ich es allein nicht schaffe. Außerdem: Wenn ich mir von jemandem helfen lasse, dann muss der schon Ahnung haben, jedenfalls mehr als ich selbst.
Also: Gar nicht so leicht, sich helfen zu lassen, auch nicht von Gott. Vielleicht ist es sogar noch schwerer, sich von ihm helfen zu lassen als von anderen Menschen.
Warum ist das so? Ein Grund ist vielleicht der Zweifel, ob Gott mir tatsächlich helfen kann. Wenn ich einen Freund bitte, mir zum Beispiel beim Fliesen legen zu helfen, dann weiß ich, dass er das kann. Ich habe mir vielleicht sein eigenes Bad angeschaut und das hat mich überzeugt. Bei Gott, den ich nicht sehen kann, kommen mir Zweifel.
Aber ich denke, der größte Unterschied ist: Gott will mir bei einer Sache helfen, bei der ich mich selbst für den Experten halte. Nämlich, die richtigen Entscheidungen in meinem Leben zu treffen, mein Leben so zu leben, dass es gelingt. Und das geht vielen Menschen zu weit. Für mein eigenes Leben bin ja wohl ich der Experte. Ich habe schließlich meinen Stolz, und ich habe Angst, das Ruder meines Lebens aus der Hand geben zu müssen.
Es ist deshalb vielleicht gar nicht so erstaunlich, dass Menschen sich dann von Gott helfen lassen, wenn sie gar nicht anders können. Einer, dem es so gegangen ist, ist der Gitarrist und Sänger Eric Clapton. Jahrlang hat er versucht gegen seine Alkoholsucht anzukämpfen, ohne Erfolg. Gegen Ende eines weiteren Aufenthalts in der Entzugsklinik hat er plötzlich große Angst bekommen, es wieder nicht zu schaffen. In dieser Situation, so erzählt er in seiner Autobiografie (Eric Clapton, Mein Leben, S. 242f), hat er Gott um Hilfe gebeten. Das ist ihm bei seinem großen Ego nicht leicht gefallen, schreibt er, aber Gott hat ihm tatsächlich geholfen - und hilft ihm bis heute. Eric Clapton schreibt: „Von diesem Tag bis zum heutigen habe ich jeden einzeln Morgen gebetet (,,,) und um Hilfe gefleht, und jeden einzelnen Abend habe ich für mein Leben und (...) meine Nüchternheit gedankt".
Ich denke, sich von Gott helfen lassen bedeutet nicht, sein Leben aus der Hand zu geben. Gott nimmt mir mein Leben nicht ab. Ich werde nicht gelebt. Aber ich denke, der Glaube bedeutet schon anzuerkennen, dass da ein anderer mehr Ahnung hat vom meinem Leben als ich selbst. Das zu akzeptieren ist nicht einfach, aber es lohnt sich. Und darauf zu vertrauen, setzt Kräfte frei.

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