Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Wer Angst hat, läuft weg. So war das schon vor Urzeiten, hat einmal ein Psychologe im Radio erklärt. Wenn der Säbelzahntiger kam, gab es für unsere Vorfahren nur eins: Abhauen. Und die Angst hat für das nötige Adrenalin gesorgt, damit sie schnell und entschlossen reagieren konnten. - Ziemlich sinnvoll, die Angst.
Säbelzahntiger gibt es schon lange nicht mehr, aber Angst haben Menschen immer noch. Ängste - das kann man immer wieder in der Zeitung lesen -  haben in den letzten Jahren bei uns sogar zugenommen: Angst vor der Arbeit oder der Schule beispielsweise, Angst vor Begegnungen mit bestimmten Menschen oder Angst vor bestimmten Anforderungen und Aufgaben.
Aber was beim Anblick eines Säbelzahntigers früher sinnvoll war, ist es heute nicht unbedingt. Denn erstens kann ich vor den meisten Dingen, die mir Angst machen nicht dauerhaft wegrennen: Ich muss zur Schule oder zur Arbeit. Und Aufgaben, die ich vor mir herschiebe, müssen irgendwann doch erledigt werden. Und zweitens sind die Dinge, die mir Angst machen, auch gar nicht so lebensgefährlich wie es der Säbelzahntiger für die Steinzeitmenschen war, oder? Eigentlich könnte man sich diesen Dingen doch stellen.
Ich glaube, was einem dazu oft fehlt, ist Vertrauen. Vertrauen, dass ich den Dingen gewachsen bin. Vertrauen, dass das, was mir Angst macht, mich nicht auffressen kann. Dieses Vertrauen können mir andere Menschen geben. Als Lehrer habe ich schon erlebt wie schwierige Situationen in der Schule machbar werden, wenn man sich mit Kollegen darüber austauscht. Es hilft schon wenn ich höre, dass ein Kollege zum Beispiel mit einer schwierigen Klasse ganz ähnliche Erfahrungen macht. Dann bin ich schon nicht mehr allein.
Mir persönlich gibt auch Gott solches Vertrauen. Denn er hat - zum Beispiel durch den Propheten Jesaja - Sätze gegen die Angst ausrichten lassen: „Fürchte Dich nicht, ich bin bei dir; weiche nicht, denn ich bin dein Gott. Ich stärke dich und helfe dir." (Jesaja 41,10) Solche Worte machen mir Mut, nicht wegzulaufen, sondern mich dem zu stellen, wovor ich Angst habe.
Im Vertrauen auf Gott kann man dann auch genauer hinsehen, was eigentlich los ist. Ich habe schon erlebt, dass meine Angst dann gar nicht begründet war: Der vermeintliche Säbelzahntigern war zwar keine Schmusekatze, aber beim genauen Hinsehen doch ein ziemlich kleiner Tiger und eigentlich ganz gut zu handeln.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=15480
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