Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Was will Gott?" - Diese Frage wird in der Bibel oft gestellt. Eine steile Fragestellung. Denn: Was ist der Wille Gottes? Kann ich das überhaupt wissen? Und woher weiß ich es, wenn ich es weiß? Und: wie kann ich mich danach richten? 

Fragen, die sich stellen, wenn ich nur daran denke, wie viel Schindluder mit dem so genannten „Willen Gottes" schon getrieben wurde. Kirche und Staat haben in der Vergangenheit immer wieder Gehorsam eingefordert, um Macht auszuüben, um Menschen klein zu halten. Vollends verhängnisvoll wurde das, wenn sie auch noch behauptet haben, dass mit dem, was sie fordern, der „Wille Gottes" zum Ausdruck komme. 

In der Bibel entdecke ich eine ganz andere Spur: Im alten Israel wettern einige Propheten gegen den blutrünstigen und aufwendigen Pomp des antiken Opferwesens. Ebenso stellen sie ungerechte und unsoziale Zustände an den Pranger. (Amos 5,21-27 / Micha 6,8)  Der Prophet Hosea bringt das auf den Punkt:

 „Liebe will ich, nicht Schlachtopfer, Gotteserkenntnis statt Brandopfer." (6,6) 

Und genau das greift Jesus auf. Er stellt sich gegen die Religionsfunktionäre, die die Menschen mit strengen Gesetzen und Verboten geradezu überschütten und sie damit überfordern.

Kurz angebunden sagt Jesus: „Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer."  (Matthäus 9,13.12,7) 

Suche ich nach gemeinsamen Erfahrungen in den Traditionen anderer Religionen - dann bin ich z.B. fündig geworden bei Sa'Di. Sa'Di, genannt der Weise, ist islamischer Dichter und Mystiker aus Persien. Er lebte im 13. Jahrhundert. Einem strammen Mekka-Pilger schreibt er ins Stammbuch: 

„Du strenger Mann der Pflicht, meinst du denn wirklich,
Gebet und Andacht und Sichquälen seien
Die wahren Opfer auf des Herrn Altar? 
Viel lieber als ein Leib, der tausendmal
sich niederwirft, ist unserm Gott ein Herz,
Das wohlzutun und Glück zu spenden weiß." 

Was für eine Parallele zu den Propheten im alten Israel und zu Jesus. Ich finde das großartig. 

Was will Gott? - bei Jesus ist mir noch etwas aufgegangen: Gott will nichts für sich. Was könnten wir ihm schon geben, was ihm seither gefehlt hätte? Was könnten wir ihm nehmen, was ihm dann fehlen würde? - Ich verstehe Jesus so: Gott will nichts für sich. Er will alles für uns! Er will, dass unser Leben gelingt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=15345
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