Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

»Fluch der Karibik III«, »Ocean’s 13«, »Shrek der Dritte«, »Harry Potter und der Orden des Phönix«. Alles Kinofilme, die diesen Sommer in die Kinos kommen. Was sie gemeinsam haben? Es sind Fortsetzungen. Die xte Folge einer Serie. Der Kino-sommer, das lässt sich jetzt schon sagen, wird ein Fortsetzungssommer.
Ich finde das toll – und grauenvoll.
Ich finde das toll: Serien haben einen Reiz. Man weiß, worum es geht, kennt die Figuren, fühlt sich zu Hause. Ich habe früher mit fiebrigem Interesse auf den neuen Asterix-Band gewartet. Und in der Katholischen Bücherei habe ich die Karl-May-Bände über Winnetou und Old Shatterhand verschlungen. Heute sind es halt Kino-filme.
Ich finde die Kinoserien aber auch grauenvoll: In den Kinos bleibt so kaum noch Platz für neue Geschichten, für andere Typen und Figuren – und für spannende aber leider nicht so bekannte Filme. Die Serien verdrängen die Geschichten, die im Kopf weitererzählt werden können. Serien erzählen alles zu Ende – und am Schluss ist alles gesagt.
Ich weiß: Immer wieder neue Filme – das ist anstrengend. Aber immer nur das Gleiche in unzähligen Variationen aufgewärmt – das finde ich auf die Dauer auch langweilig. Mit den Filmen geht es mir wie mit dem eigenen Leben. Ich bin manchmal ganz froh, wenn alles in bekannten Bahnen abläuft, wenn ich was kommt und dran ist, wenn ich feste Zeiten und Rhythmen habe. Zum Beispiel morgens: Aufste-hen, Frühstücken, ein kurzer Blick in die Zeitung, Kinder auf den Schulweg und in den Kindergarten schicken. Da gibt es zwar immer wieder leichte Variationen – aber im Wesentlichen bleibt der Morgen gleich.
Und dann bin ich froh, wenn sich auch Neues tut, wenn es Abwechslung gibt. Wenn Besuch kommt, wenn wir gemeinsam mit der Familie oder Freunden etwas unter-nehmen. Mal ungeplant in den Wald fahren und am Bach spielen.
Schon die mittelalterlichen Mystikerinnen und Mystiker wussten: Alltäglichkeit und Außergewöhnliches gehören zusammen, eingespielte Rhythmen und bekannte We-ge sind wichtig, aber ebenso neue Begegnungen und Veränderungen.
Für den Kinogänger kann das heißen: Neben den Serien den Blick für die besonderen Filme behalten. Damit auch das eigene Leben nicht zur Serie wird.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=1534
weiterlesen...