SWR1 Begegnungen

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Gerechtigkeit - Ein Grundbegriff christlichen Lebens

Steuerhinterziehung schädigt die Gemeinschaft

Steuerhinterziehung und Schwarzgeldkonten, über dieses Thema wird in Deutschland gerade heftig diskutiert. Rutger Hetzler kennt sich damit aus. Seine Firma entwickelt Computerprogramme für Banken und Versicherungen, mit denen illegale Finanztransaktionen aufgedeckt werden können. Seine Meinung dazu ist eindeutig:

Wer Steuern hinterzieht, schädigt die Gemeinschaft. Wer Drogenhandel betreibt, schädigt die Gemeinschaft. Und solche Vergehen zu bekämpfen halte ich für extrem wichtig.  Meiner Ansicht nach ist man viel zu nachlässig,man könnte viel viel mehr tun.

Eigentlich ist Rutger Hetzler im Ruhestand. Trotzdem treffe ich ihn in seinem Büro.  Er hat gerne gearbeitet, sagt er. Und nach fast vierzig Jahren als Vorstandsvorsitzender eines It-Unternehmens will er seiner Firma verbunden bleiben. Denn seine Arbeit war für ihn mehr als ein Job. Mit Computerprogrammen seiner Firma können Banken und Versicherungen kriminelle Geldgeschäfte aufdecken. Geldwäsche unterbinden. Natürlich frage ich ihn zum Fall Uli Hoeness. Auch ein erfolgreicher Unternehmer. Und genau wie Rutger Hetzler hat sich der Bayern Manager sozial sehr stark engagiert. Gleicht das nicht die Steuerhinterziehung aus?

Ja das ist der, der sagt: ich hab vielen Menschen geholfen, auf die Beine zu kommen, oder Zukunft zu entwickeln, deshalb müsst ihr mir nachsehen, dass ich einen umgebracht habe. Kein Nachsehen, es wäre auch schlecht, weil dann genau das passieren würde, was man immer wieder hört, die Kleinen hängt man und die Großen lässt man laufen, auf Grund seiner Stellung käme er aus der Strafverfolgung frei - das geht nicht!

Keine Sonderrechte für Prominente, findet Rutger Hetzler. Weil sonst die Gemeinschaft nicht funktioniert. Die ist für den Unternehmer Hetzler ein kostbares Gut.  Wie wirkt auf ihn das Jesus-Wort: Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als ein Reicher ins Himmelreich?

 Ja, das wird ja immer mit Reichtum, also sprich mit Geld in Verbindung gebracht.Das ist ja wohl in der Interpretation, die man dazu findet, durchaus anders ausgelegt. Das es eben nicht diesen Typ von Reichtum betrifft, Geld haben betrifft, sondern das ist das Kleben am Mammon, am Materiellen, Kleben an der Welt ist.

Sprich: Ein Christ muss nicht bettelarm sein, findet Rutger Hetzler. Im Gegenteil, Geld kann wie ein Talent gut eingesetzt werden. Jedes Jahr unterstützt die Firma ein soziales Projekt in der Region, hat zum Beispiel einen Kleinlaster für die Tafel gespendet:

Das machen wir gern, weil wir sagen, wir wollen auch als Firma der Gesellschaft etwas zurückgeben, von dem wir auch leben. Denn die Gesellschaft gibt uns ja auch mit all dem was sie haben an Rahmenbedingungen, die uns helfen unser Geschäft gut zu machen.

Ich merke: der Gedanke einer starken Gemeinschaft leitet Rutger Hetzler. Mir sitzt ein Mann gegenüber, der nicht auf protzigen Reichtum aus ist. Was ist ihm wichtig? Familie, Gesundheit, und ein sinnvolles Engagement in der Gemeinde. Unbezahlbar kostbar. Geld allein macht nicht unglücklich - ausser, wenn es das ganze Leben bestimmt. Man muss die richtige Bewertung finden, sagt Rutger Hetzler:

 Das ist eigentlich das, was mich heute noch leitet, Geld wohl als ein Hilfsmittel zu betrachten, was man braucht, zum Leben, das aber nicht die zentrale Bedeutung hat, wie eine Menge andere Dinge im gesellschaftlichen Umfeld.

 Sein Koordinatensystem

Seniorchefs können manchmal anstrengend sein. Wenn sie nicht loslassen können. Bei Rutger Hetzler ist das anders. Er hat zwar noch ein Büro in seiner alten Firma, aber er hat sich aus dem Alltagsgeschäft zurückgezogen. Er nimmt sich Zeit für unser Gespräch. Trotzdem hat er noch viel zu tun. Seit Jahren engagiert er sich in der Katholischen Pfarrgemeinde St. Georg in Bensheim. Ein Glücksfall für die Pfarrei. Weil Rutger Hetzler erfolgreich ein Unternehmen mit 100 Mitarbeitern geleitet hat, kennt er sich aus mit Finanzen. Dieses Talent setzt er im Verwaltungsrat der Gemeinde und im Stiftungsvorstand des Katholischen Klinikums ein. Es geht ihm nicht darum, Reichtümer an zu häufen, sondern:

Es kommt uns darauf an, das Vermögen sorgsam zu verwalten, es nicht zu verschleudern, nach Möglichkeit auch etwas zu vermehren, um auch die vielen Aufgaben die anliegen, abdecken zu können.

Die caritativen Aufgaben einer Pfarrei werden immer größer. Rutger Hetzler sorgt mit dafür, das finanzielle Polster der Gemeinde stabil zu halten. Seine Gabe wird zu seiner Aufgabe. Orientierung gibt ihm sein christlicher Glauben:

Der bestimmt natürlich das Koordinatensystem an dem man sich orientiert, und nach dem man lebt. Und das ist das auch, was man wichtig braucht. Ich hab viele Beobachtungen über die Jahre meines Lebens  gemacht,  das vielfach die gute Zusammenarbeit mit Leuten auch dadurch bestimmt war, das sie eben ein Koordinatensystem ähnlicher Art hatten.

Dieses Wertesystem trägt Rutger Hetzler. Aber es hat ihn auch in einen inneren Konflikt mit der Katholischen Kirche gebracht:

Kirche machts einem ja auch nicht immer leicht, es gibt ja auch so viele Elemente , wo man dann fragen muss, kann man damit sich eigentlich noch einverstanden erklären, Schwangerschaftsberatung ist für mich so ein Punkt gewesen, wo ich kurz davor war, der Kirche als Organisation Adieu zu sagen.

Da nimmt Rutger Hetzler kein Blatt vor den Mund. Die Kirche habe sich leider oft von der Lebenswirklichkeit, von den Sorgen der Menschen entfernt. Deshalb setzt er sich in seiner Pfarrei dafür ein, dass die Caritas, also die Nächstenliebe eine große Rolle spielt. Dafür widmet er auch seine eigene Zeit. Allerdings - Kirche ist für ihn mehr als nur ein Wohlfahrtsunternehmen. Der gemeinsame Gottesdienst ist ihm sehr wichtig:

 Ich bin jemand, der Sonntags immer der Gottesdienst braucht, als rituellen oder als spirituellen Punkt, einmal in der Woche aus dem Alltag abzuschalten, und mal ne Stunde zu haben, in der man etwas stärker zu sich selbst kommt, vielleicht auch mit seinem Herrgott redet und auch über diesen Gottesdienst an sich Gnade - Auftrieb erfährt.

Am Schluss brennt mir noch einFrage unter den Nägeln - an den Fachmann zum Thema krimineller Finanzgeschäfte.  Hat der Vatikan ein Problem mit Geldwäsche?

 Die Vatikanbank hat sich bisher allen diesen Versuchen entzogen, sich diesen Auflagen, die die europäische Union gemacht hat, in Bezug auf Geldwäschebekämpfung  zu unterwerfen. Ich glaube, dass das ein Hort für Mafiagelder ist.

Könnte Rutger Hetzler dem neuen Papst ein Softwareprogramm anbieten, dass Geldwäsche aufspürt?

 Da könnte er mit rechnen - da kriegt er sogar eine Sonderpreis, wenn er das möchte.

 

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=15329
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