Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Über die Hälfte der Deutschen empfinden den Islam als Bedrohung. Das hat eine Befragung in diesem Frühjahr ergeben. Das kann eigentlich nur damit zusammenhängen, dass sie den Islam nicht kennen. Oder besser gesagt, dass sie die Muslime nicht kennen. Denn in Ostdeutschland, wo es kaum Muslime gibt, empfinden sogar fast 60% den Islam als Bedrohung.
Ich finde das erschreckend. Das ist ja wie eine Katze, die sich in den Schwanz beißt: Was man bedrohlich empfindet, will man nicht kennen lernen. Und wen man nicht kennt, empfindet man als bedrohlich. Den hält man sich möglichst vom Leib. Kein Wunder ist es dann, wenn sich die Muslime ausgegrenzt fühlen und keinen Zugang finden zu unserer Gesellschaft.
Was kann aber helfen, den Islam zu tolerieren und vor allem die Muslime unter uns? Ich finde die Religion, der christliche Glaube dabei kann dabei helfen.
Da ist Unsinn, sagen Sie, Religionen machen doch erst recht intolerant? Glaube ich nicht.
Denn erstens ist anscheinend die Furcht vor den Muslimen da am größten, wo die wenigsten Menschen sich zum Glauben bekennen.
Zweitens sagt mir mein Glaube, dass alle Menschen Gottes Geschöpfe sind.
„Ich glaube, dass mich Gott geschaffen hat samt allen Kreaturen" erkärt Martin Luthers zum christlichen Glaubensbekenntnis. Also samt allen Tieren und Pflanzen und eben auch: samt allen Menschen. Auch ein Muslim, eine Muslimin, auch ein Hindu und jeder Atheist ist von Gott geschaffen. Ob er das glaubt oder nicht. Das glauben jedenfalls wir Christen und respektieren deshalb unsere Mitgeschöpfe, jeden und jede nach seiner Art. Und weil wir uns für die Schöpfung verantwortlich fühlen, müssten wir uns ja eigentlich auch für die Muslime und alle Andersgläubigen verantwortlich fühlen: dass sie einen Platz finden, wo sie mit uns und neben uns zufrieden und gleichberechtigt leben können.
Und drittens glauben wir Christen, dass unser Glaube ein Geschenk ist. Auch das kann man von Martin Luther lernen: „Ich glaube, dass ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an Jesus Christus ... glauben ... kann". So hat Luther die Sache mit dem Heiligen Geist erklärt. Gottes guter Geist macht, dass ich glauben kann. Zum Glauben kann man sich nicht einfach so entschließen. Das wissen die am besten, die sagen: Ich würde ja gern glauben und auf Gott vertrauen - aber ich kann nicht.
Gottes Geist macht, dass ein Mensch glauben kann. Und wenn der Glauben von Gott kommt - dann muss ich auch den Glauben der anderen achten. Oder wie sehen Sie das?

https://www.kirche-im-swr.de/?m=15301
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