Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Wie soll man zu Gott beten und wo? Welches ist der richtige Gottesdienst? Geheimnisvoll wie bei den Orthodoxen, ehrwürdig mit viel Weihrauch wie bei den Katholiken, schlicht und mit oft ziemlich langer Predigt wie bei uns Evangelischen - wie ist es richtig? Die Christen sind sich da nicht wirklich einig. Leider.
Die Frage nach dem richtigen Gottesdienst allerdings ist noch viel älter als das Christentum. Sogar Jesus wurde einmal von einer Frau aus Samarien gefragt: Wo sollen wir Gott anbeten? Auf unserem heiligen Berg Garizim, wie damals die Samaritaner gemeint haben - oder in Jerusalem? Was für eine Frage, könnte man denken. Wenn Gott doch größer ist und anders als alles, was Menschen sich vorstellen können - wie kann man ihn dann an irgendeinen Berg oder irgendein Gebäude binden und sagen: Nur da wird er mich hören.
So ähnlich hat damals Jesus auch der Frau geantwortet. Eines Tages, hat er gesagt, wird es den Garizim nicht mehr geben und den Tempel in Jerusalem auch nicht. . Dann werden die Menschen Gott überall verehren und anbeten. „Denn Gott selbst ist Geist. Und wer ihn anbetet, der muss dazu vom Geist und von der Wahrheit erfüllt sein." (Joh 4, 24)
Gottes Geist ist es, der einen bewegt, zu beten. Das leuchtet mir ein. Ohne seinen Geist kann ich vielleicht Worte nachsprechen, bestimmte Floskeln hersagen. Aber wirklich beten, mein Herz ausschütten, Kontakt suchen zu Gott, damit ich seine Nähe spüre: Dazu bewegt mich sein Geist. Das kann man nicht einfach so.
Gottes Geist bewegt einen zum Beten. Gut. Aber was meint Jesus mit der Wahrheit, von der man erfüllt sein soll. Mir fällt ein, dass Jesus von sich selber gesagt hat: Ich bin die Wahrheit - und nur durch mich kommt man zu Gott, dem Vater. Daran halte ich mich. Ich bin Christin und denke mir: Überall, wo Menschen zu dem Gott beten, der sich in Jesus Christus gezeigt hat - da kann ich mitbeten. Da ist der Gottesdienst für mich „richtig" - egal, ob evangelisch, katholisch, freikirchlich oder orthodox. Auf die äußeren Unterschiede kommt es letztlich nicht an.
Und die vielen, die Jesus Christus nicht kennen oder nicht glauben, dass er die Wahrheit über Gott gezeigt hat? Machen die etwas falsch? Ich denke, es ist nicht meine Sache, das zu beurteilen. Ich verlasse mich auf Gottes Geist. Er bewegt die Menschen, zu beten. Alle Menschen. Warum soll ich darüber urteilen, wozu er die einen bewegt und wozu die anderen? Einmal, denke ich, werden alle gemeinsam beten. Darauf kann ich gut warten.

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