Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Manchmal wird einem empfohlen, man solle einfach „im Hier und Jetzt" leben, also ganz in der Gegenwart. Und manche sagen: „Das Beste ist, wenn du dir keine Gedanken machst über die Vergangenheit oder über die Zukunft."
Aber wenn das Vergangene aufhört, Teil meines Lebens zu sein, wer bin ich dann noch?  Ich finde ja, dass sich das eher nach einer Alterskrankheit anhört, wenn man sich nicht mehr erinnert.
Ich bin - nicht nur, aber auch - das, was ich geworden bin. Meine Erfahrungen haben mich doch erst zu dem gemacht, was ich bin. Wer seine Erinnerungen verliert, verliert auch etwas von sich selbst. Deshalb halte ich es für keine besonders gute Idee, „ganz in der Gegenwart" zu leben.
Genauso wichtig scheint mir, sich mit der Zukunft zu beschäftigen. Wer keine Ziele hat, hat auch keine Richtung. Und wer keine Richtung hat, steht in der Gefahr, sich nur noch um sich selbst zu drehen. Leider erlebe ich das bei Jugendlichen, die keine Zukunftsperspektive haben. Die kreisen wirklich nur noch um sich selbst. Und manchmal erlebe ich es auch bei älteren Menschen. Sie nehmen sich selbst plötzlich fürchterlich wichtig, kreisen um sich selbst, weil sie keine Richtung mehr haben und kein Ziel. Und sei es die Aussicht auf ein Leben nach dem Tod.
Und das „Hier und Jetzt"? Ist das nicht so wichtig wie die Erinnerungen? Spielt das nur eine Rolle, weil es eben auf dem Weg zu den Zielen der Zukunft liegt? Ich denke, dass es wichtig ist, die Gegenwart bewusst zu erleben. Und zu genießen!
Ein Eis an einem heißen Tag, einen Kuss, den Geruch von nasser Erde,
ein schöner Sonnenuntergang im Urlaub - es gibt wirklich Dinge, die einen alle Zeit vergessen lassen. Da ist nur der Augenblick wichtig.
Ich glaube, dass wir in solchen Momenten nicht nur „ganz in der Gegenwart", sondern schon ein bisschen in der „Ewigkeit" sind. Ein Hauch von Gott umgibt uns. In der Bibel steht, dass Gott „derselbe ist gestern, heute und in Ewigkeit". Er verbindet meine Vergangenheit und meine Gegenwart und er gibt mir Zukunft. Das kann man in diesen ganz besonderen Momenten spüren, finde ich.
Solche Ewigkeits-Momente sind meist nur Momente. Sie sind nicht das ganze Leben. Aber irgendwie fließen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in ihnen zusammen. Und alles ist gut. In diesen Momenten spüre ich etwas von der Ewigkeit, einen Hauch von Gott selbst.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=15206
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