Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Dass wir frei leben können, ist kostbar und ein Glück. Aber anscheinend kann man sich an Freiheit so gewöhnen, dass man nicht mehr spürt wie kostbar sie ist.
Mir ist das in den letzten Tagen wieder mal klar geworden.
Ich bin an Dietrich Bonhoeffer erinnert worden. Er war Pfarrer, Theologe und Widerstandskämpfer gegen die Nazis. Für ihn war Freiheit immer ein Thema.
Vermutlich weil sie für ihn nicht selbstverständlich war. Er hat in der NS-Diktatur gelebt, war im Gefängnis. Da weiß man, dass echte Freiheit nicht billig ist, sondern kostbar.
Ein Satz aus einem seiner Gedichte, hat es in sich:
„Nicht in der Flucht der Gedanken, allein in der Tat ist die Freiheit."
Ich glaube, er will damit warnen:
Zuerst sich, aber ich nehme die Warnung auch für mich:
‚Denk nicht zu schnell, Du wärst frei. Sonst bist Du am Ende mit zu wenig Freiheit zufrieden.' Man kann sich ja leicht in Gedankenspiele flüchten oder in Träume. Und denken, das wäre schon echt gelebte Freiheit.
Ich denke z. B. an unser Leben als Konsumenten heute:
Man kann denken, wir sind frei, wir können wählen zwischen 5 Automarken und 1000 Fernsehprogrammen. Aber vielleicht ist echte Freiheit erst, wenn man kein Auto kauft oder den Fernseher schwarz lässt.
Dietrich Bonhoeffer hat das mit der kostbaren Freiheit sehr konkret gelebt. Er hat damals, 1939, in New York leben können. Frei und sicher vor den Nazis. Aber dann ist ihm klar geworden, diese Art von Freiheit ist eine Flucht. Darum kehrt er zurück nach Deutschland und schließt sich dem Widerstand gegen das Regime an: "Tritt aus dem ängstlichem Zögern heraus, von Gott und deinem Glauben getragen, und die Freiheit wird deinen Geist empfangen", hat er geschrieben. „In der Tat ist Freiheit."
4 Jahre lang zieht er das durch. 1943 wird er verhaftet, eingesperrt. Zuerst haben die Nazis ihm nichts beweisen können, erst später werden Dokumente gefunden, die ihn schwer belasten. Aber noch lassen sie ihn leben. Erst vier Wochen vor Kriegsende wird er in einem Scheinverfahren als so genannter "Hochverräter" verurteilt und im April 1945 ermordet.
Bonhoeffer war ruhig und gefasst, haben andere Gefangene später erzählt. Wirkte frei. Sie haben ihm das Leben genommen, aber er hat anscheinend den Tod als Tor in eine neue Freiheit empfunden. Wie er das vorher schon mal geschrieben hatte.
"Freiheit, dich suchten wir lange in der Tat. Sterbend, erkennen wir Dich nun, im Angesicht Gottes." Freiheit ist kostbar und ein Glück. Glaube an Gott kann frei machen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=15134
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