Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Wann hat Gott den Menschen geschaffen? Am 6. oder am 7. Tag? Sie kennen vielleicht die Schöpfungsgeschichte der Bibel. Die ist ja kein naturwissenschaftlicher Bericht, sondern eine Glaubenserzählung. Sie erzählt, dass das Leben sinnvoll zusammenhängt. Auch die Zeit hat einen Rhythmus. Deshalb erzählt die Bibel das Werden der Welt hinein in den Zeitrahmen einer Woche. Und da schafft Gott den Menschen nicht am 7. Sondern am 6. Tag. Was mich erstaunt, ist der Zusammenhang, in den die Bibel uns Menschen stellt.
Der Mensch ist nämlich nicht das einzige Geschöpf, das am 6. Tag die Bühne der Welt betritt. Die Bibel stellt uns neben bestimmte Tiere. Wörtlich heißt es: Und Gott machte die Tiere des Feldes, ein jedes nach seiner Art, und das Vieh nach seiner Art und alles Gewürm des Erdbodens. Und dann kommt: Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, schuf sie als Mann und Frau.
Das macht Sinn: Die Erzähler der Bibel drücken aus, Menschen und bestimmte Tiere sind so was wie Nachbarn. Wir haben Lebensräume, die sich berühren. Wir leben vom selben Boden. Das kann Konflikte schaffen. Dieses „am selben Tag geschaffen" drückt für mich aus: Für bestimmte Tiere haben wir eine besondere Verantwortung. Haus - und Nutztiere z. B. kann man nicht einfach nur behandeln wie ein totes Lager für Lebensmittel: Ausbeuten und ausschlachten. Die Tiere haben eine Würde als Geschöpfe Gottes.
„Gott machte sie nach ihrer Art." Tiere artgemäß behandeln und ihnen ein Leben gönnen, das sie als Geschöpfe achtet: Wir müssen bei vielen Tieren erst wieder lernen, was das heißt, scheint mir. Das richtige Maß finden: Sie nicht ausbeuten, Aber auch nicht verhätscheln als wären sie die besseren Menschen. Eben: „Gott machte sie nach ihrer Art."
Noch etwas finde ich in der Schöpfungserzählung besonders schön: Was hat Gott am 7. Tag geschaffen? Nichts. Er hat geruht. Man könnte auch sagen, am 7. Tag hat Gott den Ruhetag erfunden.
Wir Christen haben den Ruhetag übernommen von den Juden, mit einer wichtigen Änderung. Wir sehen im Ruhetag nicht den siebten Tag. Sondern den ersten. Den Sonntag.
Aber, müsste man nicht erst 6 Tage was leisten, um sich einen Ruhetag zu verdienen. Als Christ sehe ich das anders:
Man darf mit dem Feiertag anfangen zu leben: mit Muße, mit Luft holen, mit Nachdenken, mit Liebe, mit Gott feiern. Und wenn man sich so erlebt hat. Dann kommt morgen die Arbeit. Und etwas von diesem befreiten Sonntag, sollten wir auch den Tieren und der Schöpfung gönnen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=15130
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