Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Mein Grundschullehrer war noch vom alten Schlag. Wenn die Hausaufgaben schlampig ge­schrieben waren, dann gab es mit dem Lineal ein paar auf die Finger. Und auch aus meinem Elternhaus kenne ich das - selten, aber hin und wieder: wenn mein Bruder oder ich irgendeinen besonderen Unsinn gemacht hatten, dann gab es Schläge auf den Po - mit dem Holzlöffel.
„Wer sein Kind lieb hat, der züchtigt es beizeiten" - diesen Satz gibt es tatsächlich in der Bibel, geschrieben von einem Weisheitslehrer vor über 2.000 Jahren. Er hat Generationen von Lehrern und Eltern darin bestärkt, dass Schläge zur Erziehung dazu gehören. Mittlerweile ist Lehrern körperliche Gewaltanwendung streng verboten, Eltern eigentlich auch. Aber trotzdem hält sich in vielen Köpfen hartnäckig der Satz: „Ein Klaps hat noch keinem Kind geschadet!"
Sicherlich: ein Klaps tut nicht dauerhaft weh - körperlich gesehen! Aber in der Seele hinterlässt er einen Schmerz, der anhält, auch wenn die Eltern die Strafe längst wieder vergessen haben.
„Niemals Gewalt" - diesen Satz würde ich am liebsten allen Eltern zur Geburt eines Kindes ins Stammbuch schreiben. Und ihnen etwas schenken, dass sie immer an ihn erinnert: einen Holz­löffel vielleicht, ein Lineal - oder einen Stein.
Von ihm berichtet die Kinderbuchautorin Astrid Lindgren:
Eine ihr bekannte Frau war mit ihrem kleinen Sohn irgendwann so überfordert, dass sie beschloss: jetzt hilft nur noch eine Tracht Prügel. Und damit ihr Sohn die Lektion noch besser lernt, sollte er den Stock dafür selbst suchen. Der kleine Junge ging hinaus in den Garten und blieb lange fort. Schließlich kam er zurück und sagte weinend: „Ich habe keinen Stock finden können, aber vielleicht geht auch ein Stein?" Die Mutter erschrak! Eigentlich wollte sie ihrem Sohn beibringen, nicht mehr so ungezogen zu sein. Aber jetzt erkannte sie: dass was bei ihrem Sohn angekommen ist, war: meine Mama will mir wehtun!
Astrid Lindgren erzählt: Die Mutter hat ihren Sohn damals nicht geschlagen, sondern ihn ganz fest in die Arme genommen. Den Stein hat sie auf ihr Küchenregal gelegt. Er sollte sie an diese Stunde erinnern, in der sie sich vorgenommen hat: NIEMALS GEWALT!
NIEMALS GEWALT - ich wünschte, das würde Schule machen!
Vielleicht wenn wir alle einen solchen Stein auf das Küchenbord legten, der uns erinnert:

https://www.kirche-im-swr.de/?m=15060
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