Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Und was für einen Papst wünschen Sie sich?
Die Frage, wer der neue Papst wird, die interessiert auch evangelische Christen.
Obwohl gerade in der Papstfrage die evangelische und die katholische Kirche ja ganz unterschiedlicher Meinung sind.
Nach katholischem Kirchenverständnis ist der Papst der Nachfolger von Petrus, dem Jünger Jesu. Er ist der Stein, so etwas wie die Basis, auf der die ganze Kirche ruht. Von ihm her baut sich die ganze Kirche auf.
Das sehen Evangelische Christen genau anders herum. Sie denken sich die Kirche so:
Zuerst ist da die Gemeinschaft aller Getauften. Aus ihrer grundsätzlich gleichwertigen Gemeinschaft wählen sich die Gemeinden eine Frau oder einen Mann, die oder den sie als Pfarrerin oder Pfarrer, als Dekan oder als Bischöfin für geeignet halten. Martin Luther hat deshalb vom „Priestertum aller Getauften" gesprochen.  Deshalb sind alle, die ein Amt haben, Gemeindeglieder wie die anderen auch. Bloß mit einer besonderen Aufgabe und Funktion.
Diese unterschiedliche Vorstellung vom Papstamt und von der Kirche war einer der Gründe, weshalb sich in der Reformationszeit die evangelische von der katholischen Kirche getrennt hat.
Und trotzdem ist es auch vielen evangelischen Christinnen und Christen nicht egal, wer der neue Papst wird.
Eine Frau, die schon viele Jahre mit einem katholischen Partner zusammenlebt, hat mir erzählt: „Wir sind stolz darauf, dass wir in einer konfessionsverbindenden Ehe leben und nicht in einer konfessionsgetrennten. In unserer Familie ist es normal", sagt sie, „dass wir mal in der evangelischen und mal in der katholischen Kirche zum Gottesdienst gehen. Wir haben damit überhaupt kein Problem. Schließlich glauben wir beide an Gott, an Jesus Christus, an den Heiligen Geist. Traurig war ich aber doch",  sagt die evangelische Frau,
„als  Papst Benedikt  gesagt hat, wir Evangelischen seien „keine Kirche im eigentlichen Sinn".
Das hat sie verletzt. Und deshalb weiß sie jetzt genau, was sie sich für einen Papst wünscht. Sie wünscht sich einen Ökumenepapst. Einen Papst, der den abgebrochenen ökumenischen Dialog wieder aufnimmt.
Die Unterschiede zwischen der evangelischen und der katholischen Kirche können ruhig bleiben. Aber nicht alles, was verschieden ist, muss die Kirchen auch trennen.
Ich finde, Unterschiede können doch auch eine gegenseitige Bereicherung sein.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=14872
weiterlesen...