Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Der Herr segne dich und behüte dich! Das ist das Tagesmotto der Evangelischen Kirche für morgen, die sogenannte Tageslosung. Und morgen ist der erste Tag seines Ruhestands für Papst Benedikt XVI.
Ich habe mich richtig gefreut, als ich da diesen Segenswunsch aus der Bibel gelesen habe. „Der Herr segne dich und behüte dich!" Kann ein Mensch seinen Ruhestand besser anfangen als mit so einem Wunsch?
Ich will nicht verschweigen: Wir Evangelische hatten es nicht leicht mit diesem Papst. Während seiner Amtszeit ging es mit der amtlichen Ökumene zwischen der evangelischen und der katholischen Kirche eher rückwärts als vorwärts. Ich weiß, dass auch viele Katholiken darüber traurig waren. Und ich bin froh, dass die Menschen an der Basis sich kaum haben beirren lassen. Wir gehören alle zur einen Kirche Jesu Christi. Das war den meisten wichtiger als Bedenken aus Rom.
Ich will nicht verschweigen: Wir Frauen hatten es nicht leicht mit diesem Papst, auch viele katholische nicht. Sie sind traurig, dass Frauen in ihrer Kirche als nicht geeignet gelten für die Ämter, die beraten und entscheiden, was in der Kirche gelten soll. Wo doch Jesus immer auch Frauen um sich herum hatte und sie genauso ernst genommen hat wie die Männer. Papst Benediktund seine Berater: Sie haben an einem Bild vom Miteinander der Männer und Frauen festgehalten, dass Jesus eigentlich schon überholt hatte, scheint mir. Mit vielen Frauen hoffe ich, dass sich da bald etwas bewegt, auch in der katholischen Kirche.
Beispielhaft finde ich, wie Papst Benedikt mit seinem Amt umgegangen ist: Vom ersten Tag an. Ich habe gebetet, dass Gott einen anderen nimmt, hat er damals gesagt. Er hat gewusst, was für eine schwere Last die Verantwortung für eine Weltkirche ist. Aber er hat sie trotzdem als Berufung von Gott auf sich genommen. Sein Amt war für ihn im wahrsten Sinne des Wortes ein Beruf. Er hat sich von Gott berufen gefühlt. Und darin unterscheidet er sich nach evangelischem Verständnis von keinem anderen Menschen. Martin Luther hat erklärt, dass jeder Beruf, jede Aufgabe und Verantwortung eine Aufgabe von Gott ist. Dazu gibt er Kraft und Verstand. Und wenn die Kraft weniger wird, dann darf man einem jüngeren Platz machen.
Morgen also fängt für Joseph Ratzinger der Ruhestand an. Hoffentlich kann er sich ausruhen und Freude am Leben haben. Wie für ihn beginnt auch für Sie und mich heute der Rest unseres Lebens. Wie schön, dass für uns alle gilt: „Der Herr segne dich und behüte dich!"

https://www.kirche-im-swr.de/?m=14810
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