Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Manche finden den Glauben lächerlich. Nicht nur den christlichen, überhaupt an einen Gott zu glauben finden manche lächerlich. „Wie kann man nur?", sagen sie. Seht ihr denn nicht, dass das ganz sinnlos ist? Es gibt überhaupt keinen Beweis, dass da irgendwas dran ist.
Solchen Spott gibt es nicht erst seit heute. Schon in der Bibel ist davon die Rede. „Unser Glaube an Christus, den gekreuzigten ist für die einen ein Skandal", schreibt der Apostel Paulus in einem Brief, „und für die anderen ist es reine Dummheit."(1. Kor 1, 18)
Viele Christen behalten deshalb ihren Glauben lieber für sich. „Glauben ist Privatsache" sagen sie dann. Aber diese Formulierung, die auf Friedrich den Großen zurückgeht, sollte nicht dazu führen, dass man seinen Glauben verheimlicht, sondern eigentlich die Gläubigen vor staatlichem Druck schützen. Niemand sollte vom Staat gezwungen werden, einen bestimmten Glauben zu haben. Jeder sollte seinen Glauben frei und offen ausüben können. Denn „Glauben ist Privatsache".
Inzwischen hat sich das umgedreht. Inzwischen benutzen viele den Satz, um sich dahinter zu verstecken. Glaube ist Privatsache: Es geht niemanden was an, was ich glaube. Deshalb behalte ich lieber für mich, was ich glaube. Ich will mich schließlich nicht lächerlich machen.
Ich fürchte bloß: Genau das macht den Glauben dann wirklich lächerlich. Schon deshalb, weil dieser Glaube anscheinend sich selbst nicht traut. Jesus hat zum Beispiel gesagt: „Was ihr für andere Menschen getan habt - auch wenn sie noch so unbedeutend sind - das habt ihr für mich getan". Wer das glaubt und dann lieber still ist und nichts tut - muss man so einen Glauben nicht unglaubwürdig finden? Ein anderes Beispiel: Hat nicht Jesus gesagt: „Den Kindern gehört die Welt Gottes"? Wer das glaubt und es seinen Kindern nicht weiter sagt: muss man das nicht komisch finden? Ein Glaube, der die Gläubigen nicht beflügelt und ermutigt, sondern den sie mutlos und ängstlich für sich behalten: Kein Wunder, das viele keinen Respekt haben vor solchem Glauben und ihn lächerlich finden.
Ich glaube, wenn wir Christen, Sie und ich, deutlich sagen, was wir glauben und wenn wir tun, was wir können, damit es menschenfreundlicher wird: dann wird man unseren Glauben ernster nehmen. Dann würde sich nämlich zeigen, dass unser Glaube einen wichtigen Beitrag leisten kann für das Zusammenleben der Menschen. Wir können darauf vertrauen, dass es einleuchtend ist, was wir als Christen sagen. Wer weiß, vielleicht könnte unser Glaube dann manchmal sogar Berge versetzen. Ich glaube, das würde keiner lächerlich finden.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=14806
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