Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Ich bin schon als Kind mit meinen Eltern und Geschwistern in die Kirche gegangen. Jeden Sonntag und an jedem Feiertag. Wir haben vor dem Essen und am Abend gebetet. Ganz selbstverständlich habe ich daran geglaubt, dass Gott einfach da ist, überall und immer. Das hat mich nicht belastet und auch nicht erleichtert. Jedenfalls erinnere ich mich nicht daran. Es war einfach so. Glücklicherweise ist mir von  Gott erzählt worden als einem, der mich lieb hat und beschützt, mich jedenfalls sicher nicht bestraft. In meinen vielen Lebensjahren seitdem hat sich meine Beziehung zu Gott immer wieder verändert. Ich habe ihm vertraut und misstraut, ich habe an ihm gezweifelt, ihn nicht verstanden, war wütend auf ihn, habe ihn zeitweise nicht beachtet. Ich habe ihn immer wieder gesucht und gefunden, dann wieder verloren und völlig unerwartet entdeckt, wo ich ihn nicht vermutet habe. Aber immer bin ich irgendwie mit ihm in Beziehung geblieben. 

Eine Frau, die ich kenne beneidet mich darum. In vielen Gesprächen mit ihr ist mir klar geworden, wie tief und wertvoll diese Wurzeln aus Kindertagen sind. Das kann auch ganz anders sein. Dem Gott, den meine Bekannte als Kind erfahren hat, hat sie nie vertrauen können. Viele Jahrzehnte ist sie gut damit zu recht gekommen an keinen Gott zu glauben. Irgendwann ist das anders geworden. Sie hat entdeckt, wie groß ihre Sehnsucht danach ist, geborgen und getragen zu sein. Kein Mensch hat dieses Bedürfnis befriedigen können. Seitdem sucht sie was gläubige Menschen Gott nennen.

Mir ist dabei bewusst geworden: Es ist ein Geschenk, als Kind glauben zu lernen, dass ich gehalten und gewollt bin von Gott.

Diese Frau erlebt: Es ist wie bei allem. Was ich als Kind in die Wiege gelegt bekomme, ist das Material mit dem ich mein Leben weiterbaue. 

Trotzdem ist es im Leben für nichts zu spät. Ich kann auch als Erwachsene glauben und vertrauen lernen, dass ich getragen und gehalten bin von einem der größer ist als Menschen das ahnen. Auf diesem Weg brauche ich Zeit und Gelegenheiten mich damit zu beschäftigen. Und vor allem brauche ich Menschen, die mit mir reden und von sich erzählen. Denen ich mich anvertraue, wenn ich zweifle.
Mit denen ich spüren kann, dass ich geborgen bin.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=14784
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