Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Heute Abend laufen sie wieder auf, die Helden der Nation. Ich freue mich schon auf die Sportschau und die Spielberichte aus der Fußballbundesliga. Mit „Helden" meine ich aber nicht nur die Spieler. Wer mich Samstag für Samstag immer wieder neu beeindruckt sind die Schiedsrichter.
Und zwar deshalb, weil ich um nichts in der Welt einer sein möchte. Ich mache nämlich nicht gern Fehler, erst recht nicht, wenn andere das mitbekommen. Deshalb finde ich Schiedsrichter unglaublich mutig. Sie gehen jeden Samstag auf den Platz und wissen schon vorher, dass sie - auch wenn sie sich noch so sehr anstrengen -, falsche Entscheidungen treffen werden. Und Tausende im Stadion und Millionen am Fernseher sehen ihnen dabei zu.
Kaum ein Spiel, in dem der Unparteiische nicht ein Handspiel übersieht, versehentlich auf Abseits entscheidet oder ein Foul pfeift, das keins war. Und selbst wenn der Schiri es einmal schafft, fehlerlos zu bleiben, gibt es immer noch die knappen Entscheidungen, bei denen man es so oder auch anders sehen kann und mit denen mindestens die Verlierermannschaft und deren Anhänger nicht einverstanden sind. Trotzdem tun sich Schiedsrichter das an. Zum Glück, denn ohne sie gäbe es keine Bundesliga.
Ich denke, als Schiedsrichter muss man gut trennen können, zwischen dem, was man tut und dem, was man ist. Zwischen den Entscheidungen, die man auf dem Platz trifft und seiner eigenen Person. Man muss sich sagen können: die Kritik, die ich nach einem Spiel einstecke, die betrifft zwar meine Leistung auf dem Platz, aber deshalb bin ich trotzdem kein schlechter Mensch.
Ich glaube, das klappt nur, wenn man seinen Wert nicht von den Reaktionen der Fans und Spieler, der Journalisten und Trainer abhängig macht. Mein Selbstwert kommt woanders her. Von Markus Merk, dem ehemaligen Weltschiedsrichter, habe ich einmal gelesen, dass sein Glaube ihm dabei geholfen hat, Schiedsrichter zu sein. Das finde ich einleuchtend: Wir Christen glauben ja, dass Gott auch unterscheidet: Er trennt bei seinem Urteil zwischen dem, was wir tun und dem was wir sind. Gott findet nicht alles gut und wertvoll, was ich tue, aber ich als Person bin ihm sehr viel wert. Deshalb muss ich vor Fehlern eigentlich keine Angst haben. Sie passieren, selbst wenn ich mein bestes tue. Manchmal geht eben etwas schief. Dann versuche ich es beim nächsten Mal besser zu machen.
Daran erinnern mich die Schiedsrichter, auch deshalb schaue ich gerne die Sportschau.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=14708
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