Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Fasnacht ist katholisch. Jedenfalls war das früher so. Und mancherorts sieht es noch immer so aus. Wenn man in diesen Tagen beispielsweise im Nordschwarzwald unterwegs ist, sieht man immer genau, wo man ist: Wenn bunte Wimpel über die Straße hängen, fährt man durch einen katholisch geprägten Ort, wo der Fasnachtsschmuck fehlt, ist man dagegen mehrheitlich evangelisch.
Aber ich denke diese Einteilung bröckelt. Mindestens in den Städten merkt man kaum noch einen Unterschied. Auch in vielen traditionell evangelischen Städten finden heute Umzüge statt.
Inzwischen gibt es Narren in beiden Konfessionen. Eines aber ist geblieben: Es gibt immer noch einen tiefen Graben zwischen Fasnachtsanhängern und Fasnachtsgegnern. Bei uns zu Hause zieht sich dieser Graben mitten durch die Familie. Meine Tochter findet Fasnacht einfach nur toll. Sie mag es, wenn etwas los ist. Sie verkleidet und schminkt sich gerne. Und die gruseligen Masken der Hexen und anderer Fasnachtszünfte findet sie schaurig schön. Mein Sohn dagegen mag Fasnacht überhaupt nicht. Dass erwachsene Menschen sich verkleiden ist für ihn „kindisch" und die Masken bei Umzügen findet er nicht lustig, sondern bedrohlich. Sogar die Schülerbefreiung am Schmotzigen Donnerstag war für ihn ein Graus. Er hätte viel lieber ganz normalen Unterricht gehabt.
Woher kommt's? Beide Kinder sind evangelisch. Und meine Frau und ich wüssten auch nicht, dass wir in der Erziehung einen Unterschied gemacht hätten. Aber beide haben doch ganz unterschiedliche Persönlichkeiten.
Ich glaube, ob man närrisch ist oder nicht, ist einfach Typsache. Die Genießer können eher was mit der Fasnacht anfangen, die Nüchternen eher nicht - ganz egal, ob sie jetzt evangelisch, katholisch oder ohne Konfession sind. Deshalb sollten beide Gruppen füreinander Verständnis haben. Die Fasnachtsmuffel dafür, dass die Fasnacht für manche die schönste Zeit des Jahres ist. Und die Narren sollten akzeptieren, dass es Menschen gibt, die den tollen Tagen gar nichts abgewinnen können. Leben und leben lassen - dieser Grundsatz ist gerade in der Fasnacht wichtig.
In einem sind sich Fasnachtsmuffel und echte Narren ja sowieso einig: Mit sinnlosem volllaufen lassen sollte Fasnacht nichts zu tun haben. Und fröhlich sein kann man auch ohne alle Hemmungen fallen zu lassen. Das Motto der Narren in Rottweil, einer der Hochburgen der schwäbisch-allemannischen Fasnet lautet: „Jedem zur Freud' und niemand zum Leid"
Gutes Motto, finde ich.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=14703
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