Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Schon wieder ein Jahr vorbei! Spätestens morgen kann man den alten Kalender entsorgen und einen neuen aufhängen.
Entsorgen: Das Wort gefällt mir. Wie schön wäre es, wenn man auch alles andere vom letzten Jahr entsorgen könnte. Das jedenfalls, was einem Sorgen macht und Kummer. Die schönen Erinnerungen, die will ich gern und sorgfältig aufheben, als Proviant sozusagen, als Vorrat für die schwierigen Wege im neuen Jahr.
Aber es gibt eben auch vieles, was mir nachhängt aus den letzten 12 Monaten. Enttäuschungen, die weh getan haben und noch weh tun. Missverständnisse, die noch ungeklärt sind. Was ich versäumt habe, wo ich etwas falsch gemacht habe: Das hängt mir nach. Das ist nicht so leicht zu entsorgen wie der alte Kalender von 2012. Davon kann man sich nicht so leicht befreien.
Weil das so ist, wird in evangelischen Gottesdiensten heute Abend an Jesus erinnert. Der hat gesagt: „Die Wahrheit wird euch frei machen" (Joh 8, 32). Das leuchtet erst mal ein. Was aufgedeckt ist, angesprochen, ausgesprochen, zugegeben, das macht einem keine Angst mehr. Man muss seine Kräfte nicht dafür verschwenden, es unter der Decke zu halten. Aber das ist wohl noch nicht genug: die Wahrheit. Denn wenn dann offen da liegt, was geschehen ist, wer verantwortlich war und wer Schuld hat: was dann?
Ich glaube, ich muss noch einen anderen Satz von Jesus dazu nehmen. Er hat nämlich auch gesagt: „Ich bin die Wahrheit" (Joh 14, 6) Das könnte mir vielleicht helfen, zu entsorgen, was mich noch belastet: Wenn ich alles, was war und mir auf der Seele liegt, in seinem Licht sehe. Im Licht von Jesus. Wenn ich das, was einer mir angetan hat, mit seinen Augen sehen lerne: Dann könnte ich vielleicht verstehen und vergeben lernen, so dass mich nicht mehr belastet, was war. Dass ich wieder freundlich mit denen umgehen kann und vielleicht neu anfangen.
Und wenn ich das, was ich versäumt oder was ich anderen angetan habe, im Licht von Jesus sehen kann: Vielleicht drückt es mich dann nicht mehr so sehr. Jesus hat zu jedem, der bedrückt zu ihm kam, gesagt: Dir sind deine Sünden vergeben. Mir hilft das, zuzugeben, was ich verkehrt gemacht habe. Es dem anderen vielleicht nicht sagen, das ist manchmal schrecklich schwer, aber doch zeigen: Es tut mir leid. Und mich darauf verlassen: Dir sind deine Sünden vergeben. Auch wenn dem anderen das Vergeben vielleicht noch schwer fällt.
Wenn sie auch noch solche Altlasten haben, die Sie gern entsorgen würden, damit das Neue Jahr gut anfangen kann. Versuchen sie es mal mit der Wahrheit, von der Jesus geredet hat. Ich wünsche Ihnen Segen dazu.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=14456
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