Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Wo menschlich froh einst unser Herz empfunden, geheiligt bleibt der Ort für alle Stunden". Als Werbung für ein Hotel ist mir dieser Spruch des alten Goethe ins Haus geflattert und ich habe das Werbeblatt aufbewahrt. Nicht nur weil es mich an ein paar schöne Tage in den Allgäuer Alpen erinnert - wegen dem „heilig" natürlich. Weil es mich dazu gebracht hat dass ich an meine heiligen Orte gedacht habe. Besondere Orte mit besonders schönen, intensiven Erinnerungen, die nie verblassen.
Das Wort „heilig" meint ja auch Orte, Momente oder Menschen, die außerordentlich, ganz besonders, ganz anders sind. Ausgegrenzt, abgegrenzt vom Alltag. Schöner, größer, intensiver als das, was wir sonst erleben. Liebende haben ihre heiligen Orte, dort, wo sie sich zum ersten Mal gesehen haben, oder sich zum ersten Mal geküsst.
Das Wort „heilig" kommt aus dem indogermanischen „heila" und „heila" hat zwei Bedeutungen: Zum einen bezaubernd, glückbringend oder ein günstiges Vorzeichen. Zum anderen unversehrt, gesund, ganz, heil eben. Gemeinsam haben diese beiden Bedeutungen, dass sie aus dem kultischen Bereich kommen und dieses überirdische Gefühl beschreiben.
Das kann es in Kirchen geben, den Gebäuden, die oft an Orten gebaut sind, die was Besonderes, was Heiliges haben. Das spüren die Menschen. Heilige Orte sind aber nicht an Gebäude gebunden, es gibt sie auch in der Natur. Berge etwa, gelten oft als heilig. Mich zieht es zum Beispiel immer wieder auf den Athos, den Heiligen Berg der griechischen Orthodoxie.Die wunderschönen oft atemberaubend gelegenen Klöster sind heilige Orte, auch weil die Mönche dort Tag und Nacht beten. Unsere Welt damit „heiligen", in Kontakt mit Gott halten. Meine intensivste religiöse Erfahrung habe ich aber außerhalb dieser Klöster gemacht, an der Südspitze der Halbinsel. Hinter mir eines der ärmsten Klöster, vor mir das unendlich blaue Meer und eine schlichte Marienikone inmitten von immergrünen Pflanzen. Es ist schwer darüber zu reden. Und zu viel Worte will ich darum auch nicht machen, aber ich kann sagen, es gibt sie, diese heiligen Orte. Und an einem dieser Orte habe ich erfahren, gespürt, ja irgendwie gewusst: Gott ist in dieser Welt. Und dieses wissende Gefühl war überwältigend schön. Und ist mir heilig - bis heute!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=14158
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