Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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In Amerika kann man es vom Tellerwäscher zum Millionär bringen, heißt es. Ich weiß nicht, ob das stimmt. Aber jedenfalls kann in Amerika eine Putzfrau eine Bewegung auslösen, die das ganze Land verändert. Wenn ich ihre Geschichte bedenke, dann scheint mir: das ist nicht nur in Amerika möglich. Das könnte überall so gehen, wo Veränderungen nötig sind – überall, wo es Putzfrauen gibt oder Pfarrerinnen, Hausmeister, Programmierer oder Chefärzte, die eine Vorstellung davon haben, was Recht ist. Und den Mut, anzufangen.
Heute vor 51 Jahren, am 1. Dezember 1955 taten der schwarzen Putzfrau Rosa Parks in Montgomery, Alabama, die Füße weh, als sie nach der Arbeit im Bus nach Hause fuhr. Der Bus war voll besetzt und an der nächsten Haltestelle forderte der Busfahrer sie auf, für einen weißen Mann Platz zu machen, der neu eingestiegen war. Nach dem Gesetz damals war sie dazu verpflichtet. Die Sitzplätze waren für Weiße reserviert. Aber Rosa Parks taten die Füße weh und sie weigerte sich, aufzustehen. Also wurde sie verhaftet und für mehrere Tage eingesperrt. Eigentlich nichts Besonderes für die Zeit damals. Aber die Schwarzen spürten: wir können uns das nicht länger gefallen lassen. Organisiert und geführt von dem schwarzen Pfarrer Martin Luther King begannen sie, die Busse in Montgomery zu boykottieren. Die 50.000 Farbigen in Montgomery gingen zu Fuß, die Verkehrsbetriebe fuhren immer größere Verluste ein. Nach 382 Tagen, mehr als ein Jahr später, erklärte der oberste Gerichtshof der USA die Rassentrennung für ungesetzlich. Martin Luther King fuhr mit Weißen zusammen im Bus in der ersten Reihe. Und die Bürgerrechtsbewegung war nicht mehr aufzuhalten.
Rosa Parks wurde später gefragt, warum sie damals sitzen geblieben sei. „Mir taten die Füße weh,“ hat sie geantwortet. „Und ich wusste doch, dass es ungerecht war, dass für Schwarze andere Gesetze gelten als für Weiße.“ Rosa Parks fand das ungerecht, weil sie in ihrer Kirche gelernt hatte, dass Gott alle Menschen gleich geschaffen hat. Ich weiß, auch die Sklavenhändler in den Jahrhunderten vorher sind Christen gewesen. Jedenfalls hätten sie sich selbst so genannt. Aber es waren eben auch Christen, die als erste gegen die Sklaverei aufgetreten sind. Es waren Christen, die bekannt haben: vor Gott sind alle Menschen gleich. Nur so konnte das Selbstbewusstsein entstehen, dass Rosa Parks den Mut gegeben hat, sitzen zu bleiben, als ihr die Füße wehtaten.
Rosa Parks ist hoch geehrt im vorigen Jahr mit 92 gestorben. Eine Putzfrau, die ihr Land verändert hat.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=141
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