Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Fünf Kinder sitzen zusammen in der Pause und unterhalten sich. Als zwei gleichaltrige Mädchen dazu kommen sind sie plötzlich still. Offensichtlich haben die fünf über die beidengeredet. Die Mädchen sind verunsichert und gekränkt. Trotzdem wollen sie wissen worüber die anderen hinter ihrem Rücken geredet haben. Ein Junge sagt mutig: „Wenn wir euch das sagen, dann weint ihr vielleicht." Das macht die Situation für die zwei Mädchen nicht leichter. Angenehm wird das nicht sein, was sie zu hören bekommen. Der Junge sagt deshalb noch dazu: „Wir haben nichts schlechtes über euch geredet. Nur wie wir euch finden. Ich kann euch das  alles ehrlich sagen. Aber dann seid ihr halt vielleicht traurig." 
Manchmal brauchen wir es, darüber zu reden, was wir mit anderen Menschen erleben. Wenn wir uns über jemanden geärgert haben, aufregen oder gekränkt sind, müssen wir uns Luft machen, suchen wir andere, die mitfühlen, uns verstehen, bestätigen. Das ist menschlich. Manchmal bleibt es nicht beim Reden darüber. Hinter dem Rücken von anderen ist es leicht zu lästern, sich lustig zu machen oder zu schimpfen. Besonders schlimm finde ich, wenn Menschen „vornerum" freundlich sind und „hintenrum" an anderen kein gutes Haar lassen. Sie kennen das vielleicht aus dem Kollegenkreis oder der Nachbarschaft. 
Warum ist das so schwer? Jemandem ehrlich zu sagen, was wir an ihm mögen und gut finden und genauso was wir kritisch sehen und schwierig finden. Warum fühlen sich viele sofort angegriffen, wenn ihnen jemand etwas Kritisches sagt? 
Der Ton macht die Musik, das weiß ich von mir. Ich spüre sehr genau ob jemand wohlwollend kritisch ist oder ob ich abgewertet werden soll. Auf Kritik verzichten will ich nicht. Den Spiegel im Badezimmer brauche ich um zu sehen wie ich aussehe. Menschen als Spiegel brauche ich manchmal um zu wissen wie ich bin und wirke. Vor allem die unangenehmen Rückmeldungen haben mich weiter gebracht. Umso besser, wenn sie von jemandem gekommen sind, der mir nicht vorgeworfen hat wie ich bin sondern bei seiner Kritik wertschätzend und freundlich geblieben ist. Selbst wenn mich das im ersten Moment auch getroffen hat.

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