Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Ich glaub' nicht dran, dass es Gott gibt! - sagt Marc, als wir im Reliunterricht das Thema Schöpfung besprechen. „Natürlich gibt es Gott", weisen seine Mitschüler ihn zurecht. „Das weiß doch jeder".
Wirklich? Es gibt Menschen, die anzweifeln, dass Gott existiert, ja die es sogar für eine Dummheit halten, an ihn zu glauben. Der amerikanische Philosoph Bertrand Russell zum Beispiel. Für ihn ist Gott eine bloße Erfindung, die kein intelligenter Mensch glauben kann. Und wenn er dennoch behauptet, dass es Gott gibt, dann macht er der Öffentlichkeit nur etwas vor.
Ich finde diese Behauptung unverschämt - denn danach bin ich als Christin ja entweder dumm oder eine Heuchlerin! Aber die Behauptung wirft eine interessante Frage auf: Ist der Glaube an Gott vernünftig? Oder ist er eine reine Gefühlssache, die mit Vernunft nichts zu tun hat?
Russell sagt: Die Christen müssen die Existenz Gottes beweisen. Und weil sie das nicht können, zeigt das klar, dass Gott nicht existiert. Nun haben durch die Jahrhunderte immer wieder christliche Wissenschaftler versucht, die Existenz Gottes zu beweisen. Aber wirklich zwingend waren ihre Beweisführungen nicht. Und so bleibt es dabei: Man kann Gott nicht beweisen, man kann ihn nur glauben. Aber man kann auch nicht beweisen, dass es Gott nicht gibt. Auch das ist reine Glaubenssache.
Hat der christliche Glaube also doch nichts mit Vernunft zu tun? Ich finde doch. Ich halte mich an den Philosophen Voltaire, der viel Wert auf die Vernunft gelegt hat. Von ihm stammt der Ausspruch: „Wenn es Gott nicht gäbe, müsste man ihn erfinden, aber die ganze Natur ruft uns zu, dass er existiert."
Auch ich kann Ihnen nicht beweisen, dass es Gott gibt. Aber ich denke, Gott selbst hat sich schon längst bewiesen und beweist sich ständig neu - in der Natur, in meinem Leben und in den Millionen christlicher Lebenserfahrungen neben und vor mir. Die Bibel erzählt von solchen Gottesbeweisen. Christinnen und Christen erzählen davon. Und alle sind mit ihrem Glauben sehr gut fahren. Ich gebe zu: Das sind keine Beweise, aber durchaus vernünftige Gründe, dass Gott tatsächlich existiert. Und ich finde: darauf kann man sehr wohl aufmerksam machen.
Marc habe ich im Klassenzimmer vor den Spiegel gebeten und gesagt: „Schau dir dieses wunderbare Menschenkind an. Mit so viel Begabungen, so viel Fragen und Wissen im Kopf - dass so etwas Tolles aus einer Ei- und einer Samenzelle entstanden ist, ist für mich der Beweis, dass da jemand ist, der genau dich genau so gewollt hat.

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