Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Stell dir vor, ich gehe hier sogar manchmal in die Kirche!“ hat mir Annette in einer e-mail geschrieben. Annette ist 19 und gerade für ein Jahr in Indonesien, auf Bali. Sonst ging sie eigentlich nur an Weihnachten in die Kirche. Aber jetzt auf Bali, scheint das anders zu sein. Annette schrieb weiter: „Manchmal singen sie ein Lied, da verstehe ich zwar den Text nicht, aber die Melodie ist wie bei uns – da singe ich dann einfach mit, la la la, das merkt keiner, weil die anderen so laut singen. Und wenn sie das Vaterunser auf balinesisch beten, dann bete ich auf deutsch mit. Dann fühle ich mich gar nicht mehr fremd. Dann habe ich das Gefühl, ich gehöre dazu und bin fast schon ein bisschen zu Hause.“
Wenn alles fremd ist: das Klima, die Sprache, das Essen und die Menschen sowieso – dann freut man sich, wenn man etwas Vertrautes entdeckt. Noch besser, wenn einen das Vertraute mit den Fremden verbindet. Der Glaube kann so etwas sein, das einen mit anderen, auch mit ganz Fremden verbindet. Jedenfalls dann, wenn man das spüren kann, was einen verbindet – beim Singen oder beim Beten. Das tut gut, da findet man ein Stück Heimat in der Fremde. Annette erlebt das anscheinend so.
Ich meine, genau deshalb brauchen Menschen den Glauben. Sie brauchen etwas, dass ihnen Heimat gibt, etwas woran sie sich halten können. Nicht nur im Ausland – auch wo man zu Hause ist kann man sich manchmal ganz schön fremd und allein fühlen. Dann ist es gut, wenn man einen Halt hat. Wir Christen glauben: Gott will und kann den Menschen Halt geben. Und den muss ich nicht erst suchen. Ich muss mir meine Religion, meinen Glauben nicht suchen. Gott hat mich schon gefunden. Gott ist es, der mich hält. Gott hält die ganze Welt in seiner Hand, die Sonne und den Mond, den Vater und die Mutter, mich und dich – singen die Kinder in einem Lied.
Gott hält mich in seiner Hand und er hält mich an der Hand. Ich kann nicht verloren gehen. Er bleibt bei mir. Es ist schön, wenn man sich darauf verlassen kann – in der Fremde und auch sonst, wenn man sich allein fühlt.
„Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln..“ so beginnt der bekannteste Psalm aus der Bibel. Und der endet: „Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen, mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.“ Wer glaubt, wer auf Gott vertraut, der ist bei ihm zu Hause. Hier in Deutschland und auf Bali genauso. Und wenn man mit anderen zusammen sich diesem Gott anvertraut: im Singen, im Beten, im Reden und Hören – dann kann man das leichter spüren. Dann fühlt man sich nicht mehr allein – so wie Annette auf Bali. https://www.kirche-im-swr.de/?m=137
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