Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Guten Morgen. Ich liebe es, wie Jesus mit den Menschen umgeht, die nicht richtig sehen können. Ich weiß, wovon ich spreche, denn ich finde mich ohne Brille kaum noch zurecht. Ich bewege mich zwar in meiner gewohnten Umgebung noch einigermaßen sicher und finde auch noch ohne Brille ins Bad. Aber sobald ich etwas genauer anschaue oder die Zeitung beim Frühstück lesen möchte, brauche ich meine Sehhilfe. Und es tut nicht mehr nur die „normale Brille", sondern ich brauche eine mit Gleitsichtgläsern. Nur mit dieser gelingt es mir, sowohl gut in die Ferne zu schauen als auch im Nahbereich die Zeitung zu lesen.
Doch zurück zu Jesus. Jesus traf im Lauf seines Erdenlebens ebenfalls Menschen, die nicht recht sehen konnten. Davon berichtet das Neue Testament. Einmal wurde ein solcher Mensch zu Ihm gebracht. Damit war die Bitte verbunden, dass Jesus diesen Menschen anrühren möge. Jesus tut dies - jedoch nicht vor den Augen all derer, die ein Wunder erleben wollten, sondern: Er nimmt ihn ein wenig zur Seite. Dort macht er einen Feuchtverband, streicht ihm diesen auf die Augen, legt dann seine Finger auf dessen Augen und fragt: „Siehst du was?" Der so Gefragte antwortet: „Ich sehe die Menschen, als sähe ich Bäume umhergehen!"
Jesus bessert nach. Danach kann er wieder deutlich sehen. Dieses Ergebnis begeistert mich. Deshalb liebe ich es, wie Jesus mit Menschen umgeht, die nicht richtig sehen können. Denn oftmals habe ich den Eindruck, dass Menschen alles Mögliche tun, um die Wirklichkeit nicht so wahrzunehmen, wie sie ist. Man betäubt seine Wahrnehmung oder redet Problematisches schön. „Es wird alles schon nicht so schlimm werden", heißt es. Mit solchen Sätzen will man scheinbar elegant eine ungute Situation umfahren. Die harte Realität wird ausgeblendet, weil man sie nicht ertragen könnte.
Da freue ich mich über Jesu Verhalten. Er legt bewusst Seine Finger in die offenen Wunden und auf die kranken Stellen. Aber wenn Jesus Seine Finger in meine Wunden legt, hat Er nur ein Ziel: Er möchte, dass ich geheilt werde.
Und Heilung kann schon damit zu tun haben, dass ich endlich beginne, mein Leben so wahrzunehmen, wie es ist: mit all seiner Unzulänglichkeit und Unvollkommenheit, mit all seinen Schwierigkeiten; aber auch mit all seinen schönen Momenten und Ereignissen. Doch wenn ich meine Gegenwart klarer, weniger rosarot sehe, werde ich mir helfen lassen - von Jesus oder von anderen Menschen. Hilfe zu erhalten, die die Not wendet, tut nämlich gut!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=13630
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