SWR1 3vor8

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Ich freue mich für jeden, der seine Arbeit auch als Beruf erleben kann. Als kleine Berufung. Das Gefühl haben: Ich tue etwas, was mir entspricht. Bin mit Herzblut dabei.
Ich weiß, es kann auch weh tun, wenn man Arbeit als Beruf empfindet. Man geht dann leicht über seine Kräfte. Oder man leidet unter Problemen in der Firma.
In den evangelischen Kirchen geht es heute um einen jungen Mann in der Bibel und seine Berufung. Jeremia soll im Namen Gottes seinen Mitmenschen ins Gewissen reden. Mehr noch, er soll ganz jung vor seinen König hintreten. Und ihm und seiner üblen Politik widerstehen. Jeremia spürt, das wird kein Spaß. Er will vor ihr davon laufen. „Gott, lass mich in Frieden," sagt er. „Ich bin zu jung. Ich will die Last dieser Berufung nicht übernehmen." Jeremia weiß: Der König ist ein Despot. Ihm die Wahrheit zu sagen, das ist gefährlich. Mancher Prophet vor ihm hat seine Berufung schon mit Gefängnis oder sogar mit dem Leben bezahlen müssen.
Gott beschützt seine Propheten anscheinend nicht davor. Zu Zeiten der Bibel nicht und heute auch nicht. Denken Sie an Dietrich Bonhoeffer, an Martin Luther King oder an Ai Weiwei in China. Oder an die vielen, deren Namen wir nicht kennen, die aufstehen, weil sie ihrer Berufung folgen.
Aber davon laufen ist keine Alternative. Das hört Jeremia ganz klar:

Der HERR sprach aber zu mir: Sage nicht: »Ich bin zu jung«, sondern du sollst gehen, wohin ich dich sende, und predigen alles, was ich dir gebiete. Fürchte dich nicht vor ihnen.
Jeremia ist seiner Berufung gefolgt. Hat den Auftrag Gottes angenommen.

Und Sie und ich - wir Normalsterbliche? Die keine große Prophetenberufung in sich hören? Sich nicht einmischen wollen wo es gefährlich wird.
Vielleicht aber doch eine kleinere? Es ist kein Zufall, dass im Wort Beruf „Berufung" drin steckt. Ich glaube es ist gut, wenn man sie immer noch spürt und wenn nicht mehr, dass man sie wieder entdeckt. Es könnte ja sein, dass man sie selbst hat verschütt gehen lassen in den Jahren. Sich enttäuscht und verletzt ins Private zurückgezogen hat und sagt: Ich lege mich nicht mehr ins Zeug.
Ich kann das verstehen, aber ist das nicht auch bitter? Ich finde es immer noch wichtig und gut, wenn man bei der Arbeit spürt, dass sie mit mir als Person zu tun hat. Wenn man von dem Feuer das mal da war, jedenfalls noch die Glut spürt. Und sie immer wieder auch mal anfacht. Ich finde das wichtig auch für einen selbst, dass man sich nicht wegduckt, sondern dafür steht, was der eigenen Berufung entspricht.

Und des HERRN Wort geschah zu mir:
Ich kannte dich, ehe ich dich im Mutterleibe bereitete, und sonderte dich aus, ehe du von der Mutter geboren wurdest, und bestellte dich zum Propheten für die Völker.
Ich aber sprach:
Ach, Herr HERR, ich tauge nicht zu predigen; denn ich bin zu jung.
Der HERR sprach aber zu mir: Sage nicht: »Ich bin zu jung«, sondern du sollst gehen, wohin ich dich sende, und predigen alles, was ich dir gebiete.
Fürchte dich nicht vor ihnen; denn ich bin bei dir und will dich erretten, spricht der HERR.
Und der HERR streckte seine Hand aus und rührte meinen Mund an und sprach zu mir: Siehe, ich lege meine Worte in deinen Mund.
Siehe, ich setze dich heute über Völker und Königreiche, dass du ausreißen und einreißen, zerstören und verderben sollst und bauen und pflanzen.
Jer 1,4-10

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