Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Unerwartet kommen alte Dinge wieder hoch. Dunkle Dinge, von denen ich dachte: Sie sind längst abgeschlossen und erledigt. Manchmal passiert das in meinem Leben, und in Ihrem ja vielleicht auch. Das ist dann wie bei den Fliegerbomben aus dem Zweiten Weltkrieg. Bei Bauarbeiten tauchen die plötzlich auf, ganz unerwartet. Und dann geht es zur Sache: Straßen werden abgesperrt, Häuser evakuiert, und ganze Stadtteile. Der Krieg ist jetzt fast 70 Jahre her. Aber ab und zu greift sie noch nach uns, die dunkle Vergangenheit. Plötzlich kommt sie hoch, im wahrsten Sinne des Wortes. Und bringt uns wieder durcheinander.
Genau das passiert manchmal in meinem Leben. Das kann eine Beziehung sein, die jäh abgebrochen ist. Ein Traum, den ich hastig begraben musste. Eine Aufgabe, vor der ich mich gedrückt habe. Es gibt Wunden, die sind lange her und fast vergessen. Aber manchmal brechen sie wieder auf. Und dann tut es wieder weh. Als wäre es eben erst passiert.
 „[...] [Gott] weiß, was in der Finsternis liegt, denn bei ihm ist lauter Licht." [Daniel 2,22b] Ein Bibelvers aus dem Buch Daniel im Alten Testament ist das. Er erzählt von einem Gott, dem nichts verborgen ist. Auch nicht unsere Vergangenheit.
Manchen macht diese Vorstellung Angst: Ein Gott, vor dem man nichts verstecken kann ... Der auch meine dunkle Vergangenheit ans Licht bringt
... ja, ans Licht! Vom Licht ist ja auch die Rede in dem Bibelvers: „[Gott] weiß, was in der Finsternis liegt, ..." „... denn bei ihm ist lauter Licht."
Ich entdecke in dem Vers vor allem ein Versprechen: Bei Gott muss sie nicht dunkel bleiben, meine Vergangenheit. Gott stellt meine Vergangenheit in sein Licht. Das, was passiert ist, bleibt nicht länger finster und unheimlich.
Schwere Erfahrungen werden dann nicht plötzlich schön. Aber ich muss sie nicht mehr fürchten. Ich lerne es, sie anzunehmen als Teil meiner Lebensgeschichte. Und vielleicht nochmal genauer anzuschauen. Manchmal passiert es mir dann auch, dass ich neue Perspektiven entdecke. Zum Beispiel merke ich: Eine schwere Erfahrung in der Vergangenheit hat mich zugleich weitergebracht. Oder ich kann noch etwas Offenes klären. Auch dann ist es so, als ob Gottes Licht aufscheint, wo es eben noch nur dunkel war.
„... denn bei ihm ist lauter Licht." Diesem Gott will ich anvertrauen, was war. Und dann muss mir die Vergangenheit keine Angst mehr machen. Sie wird sorgfältig entschärft, so wie die alten Fliegerbomben. Gott sei Dank.

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