Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Steffi und Jan leben schon ein paar Jahre zusammen. Jetzt wollen sie heiraten.
Heiraten? Ich bin beinahe ein bisschen erstaunt, als sie zu mir kommen. „Das trauen sich längst nicht mehr alle Paare“, sage ich. „Viele haben Angst, dass es irgendwann doch schief geht und lassen es deshalb lieber gleich.“
„Ja,“ sagt Steffi, und ich staune noch mehr, „wenn man sich nur auf die Liebe verlässt, dann kann man schon Angst kriegen vor dem, was in ein paar Jahren ist. Für Jan und mich ist deshalb Respekt wichtig. Dass wir den anderen respektvoll behandeln, rücksichtsvoll.“ Und Jan sagt. „Liebe kann schwanken, Liebe fühlt man - mal mehr und mal weniger. Das haben wir schon erlebt. Wir leben ja schon länger zusammen. Aber wenn man sich mit Respekt behandelt, dann wird einem der andere nicht lästig. Respekt ist eine andere Form von Liebe. Es ist einfacher, miteinander zu leben – wenn man respektvoll behandelt wird. Dann kann man sich immer noch gern haben, wenn die gefühlte Liebe vielleicht auch mal weniger wird. Und dann kommt die Liebe vielleicht auch wieder.“
Ich war wirklich verblüfft. So junge Leute reden von Respekt? Steffi erklärt noch mal, wie sie das meint. „Es hat auch mit Äußerlichkeiten zu tun, sagt sie. Mit Formen und mit Höflichkeit. Dass man Achtung hat vor dem anderen. Dass man nicht meint: Ins Büro gehe ich in der Woche zwar frisch geduscht und ordentlich angezogen – aber am Samstag geht’s auch ungeduscht und mit Jogginghose. Da kommt’s nicht so drauf an. Da sieht mich ja keiner.“
„Da sieht mich ja keiner.“ Auf einmal begreife ich, was Steffi meint.
Respekt heißt: Da ist einer und den achte ich. Der ist mir wichtig. Der verdient es, dass ich ihn respektiere. Der soll mich gern neben sich haben, auch wenn der Himmel nicht immer voller Geigen hängt.
Genau das hat Paulus übrigens den ersten Christen empfohlen, damit sie gut miteinander auskommen können. Und das Miteinander nicht zur Last wird.
„In Demut achte einer den anderen höher als sich selbst, hat er den ersten Christen nach Philippi geschrieben, und jeder sehe nicht nur auf das Seine, sondern auf das, was dem anderen dient.“.“ (Phil 2,3)
Paulus hat damals daran erinnert, dass Jesus selbst es ganz genauso gemacht hat. Er hat nicht sich selbst, sondern die anderen in den Mittelpunkt gestellt.
Natürlich hat das nur Sinn, wenn das in einer Ehe oder Partnerschaft beide so machen. Aber das haben Jan und Steffi ja vor. Und jetzt scheint mir:
Respekt ist die sichtbare Seite der Liebe.
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