SWR1 3vor8

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Wo bin ich zu Hause? Diese Frage stelle ich mir oft. Was ist mein Ort? Zu welchen Menschen gehöre ich? Und auch: Bin ich hier auf der Welt zu Hause, wo ich lebe, wo mich vieles fasziniert und auch vieles erschreckt? Oder ist meine eigentliche Heimat woanders, im Himmel, bei Gott, im Nichts? Und hier auf der Welt zu leben, ist nur ein Gastspiel. Ich glaube diese Fragen stecken hinter mancher Unruhe, hinter dem Gefühl von Fremdheit, das uns Menschen überfallen kann, im letzten auch hinter Aussprüchen wie: „Das ist nicht meine Welt."
Im Johannesevangelium geht Jesus auf diese Fragen ein. Da betet er für seine Jünger: „Vater, ich bitte dich nicht, dass du sie aus der Welt nimmst, sondern dass du sie vor dem Bösen bewahrst. Wie du mich in die Welt gesandt hast, so habe auch ich sie in die Welt gesandt." Das waren damals ziemlich überraschende Worte. Denn zur Zeit Jesu haben viele Menschen beides ganz strikt getrennt. Da waren Welt und Himmel nicht nur verschieden, sondern richtige Gegensätze, fast feindliche Gegensätze. Überhaupt stellte man sich vor, dass alles aufgeteilt war in zwei streng getrennte Sphären: Licht und Dunkel, Gut und Böse, Geist und Körper - und eben: Gott und Welt. Und man dachte sich diese Gegensätze als unvereinbar in Ewigkeit. Die Menschen sahen sich eingespannt zwischen diese Gegensätze und mussten verzweifelt versuchen, sie zu überbrücken.
Da hatte das, was Jesus gesagt hat, etwas Erlösendes. Ihr müsst euch nicht zerreißen lassen von den Gegensätzen. Ihr gehört zu Gott und zu dieser Welt. Wir müssen also kein schlechtes Gewissen haben, wenn wir hier gerne sind, wenn wir alle Energie hier investieren, ins eigene Leben, ins gesellschaftliche Leben, in Technik, Wissenschaft und Kunst. Und gleichzeitig brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn uns das alles nicht genügt und nicht erfüllt. Ihr seid hier richtig, sagt Jesus mit diesem Gebet. Hier könnt und sollt ihr was tun. Hier trefft ihr auf Gott. Und seid deshalb dem Bösen in der Welt nicht total ausgeliefert. Und die Sehnsucht, die ihr immer wieder spürt, über das alles hinaus, die hat einen Grund und ein Ziel.

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