SWR1 3vor8

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Du aber geh in deine Kammer, wenn du betest, und schließ die Tür zu; dann bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist. ….. So sollt ihr beten: Unser Vater im Himmel, dein Name werde geheiligt, dein Reich komme.. (Matth 6, 7.9-11)

Guten Morgen, ich bin Pfarrer Wolf-Dieter Steinmann aus Ettlingen.
Haben Sie einen „gesunden Egoismus“? Seltsame Wortverbindung. Gesunder Egoismus. Kann Egoismus gesund sein? Mal angenommen, es gäbe einen gesunden Egoismus, was kann man gegen ungesunden machen?
Ich glaube ja, es gibt einen „gesunden“ Egoismus, allerdings haben wir den nicht von selbst. Den ungesunden gibt’s öfter. Bei den meisten Menschen ist der Egoismus ungesund, weil wir sehr viel an uns selbst denken und viel Angst haben, zu kurz kommen. Es gibt aber auch den anderen Fall, dass Menschen sich vor lauter Sorge um andere übernehmen. Das ist auch nicht gesund. Irgendwie ist die Kunst, das richtige Maß zu finden, zwischen der Liebe zu sich selbst und zu den anderen. Wenn man das findet, dann wird unser Ego „gesund.“
Heute wird in den Evangelischen Kirchen über ein sehr bekanntes Stück aus der Bibel nachgedacht, das VaterUnser. Und ich glaube, dieses Gebet könnte eine prima Hilfe sein, dieses gesunde Maß der Liebe zu finden. Jesus empfiehlt, wie man richtig betet. Und denkt an zweierlei:
Wie man es machen soll und was man sagen soll. Beides zusammen,
kann unseren Egoismus gesund machen.
Als erstes schaut er auf das wie:
Geh in deine Kammer, schließ die Tür zu; dann bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist.
Beten ist sehr persönlich, ich brauche geschützten Raum, um ungeschützt reden zu können. Beten ist nichts, mit dem man sein Ego vor Gott darstellt, sich groß oder klein macht. Beten gibt die Chance ehrlich zu sein. Man muss nicht darauf achten wie man wirkt. Gott kann man eh nichts vormachen. Wie einem richtig guten Freund.
Damit aber das Zwiegespräch mit Gott nicht eng wird und ungesund egostisch, empfiehlt Jesus dann als zweites ganz weite Worte:
„Unser Vater im Himmel.“
Ich kann mich freuen, dass Gott ganz für mich da ist. Er ist aber auch der Vater aller Menschen. Ich bin beim beten in meinen stillen Kämmerlein und gleichzeitig bringt mich das VaterUnser dazu, ganz weit hinaus zu denken. Ich bin bei mir und erweitere gleichzeitig meinen Horizont. „Dein Reich komme.“ Bei dieser Bitte geht es sogar um die Zukunft, um meine und um die gute Zukunft der ganzen Welt. Beim VaterUnser-beten kann ich nicht nur an mich selber denken, aber meine Bedürfnisse sind auch nicht weniger wert als die der anderen: Jesus hat gemeint, wenn man so jeden Tag beten und leben übt, das müsste unseren Egoismus gesund machen, oder nicht? https://www.kirche-im-swr.de/?m=1303
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