Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Wer an die Auferstehung glaubt, kann eigentlich nicht tatenlos zusehen, wenn Tod und Hoffnungslosigkeit sich ausbreiten. Wer glaubt, dass Gott stärker ist als der Tod, kann nicht tatenlos zusehen, wenn Menschen keinen Weg mehr sehen und nur noch den Tod für einen Ausweg halten.
Ich stelle mir vor, so hat Herzogin Wera von Württemberg gedacht. Heute vor 100 Jahren ist sie gestorben. Mit 22 schon Witwe geworden, hat sie viele soziale Projekte angestoßen. Besonders verbunden ist ihr Name aber mit dem Weraheim in Stuttgart. Das ist eine Einrichtung für unverheiratete, oft sehr junge Mütter und ihre Kinder, die oft aus ganz schwierigen sozialen Verhältnissen kommen. Die Schwangeren und jungen Mütter werden dort betreut, sie lernen, ihr Kind zu versorgen und zu erziehen, sie werden unterstützt, dass sie ihre Ausbildung beenden können um später selber für sich und ihr Kind zu sorgen. Die oft überforderten Mütter können dort lernen, eine positive Beziehung zu ihrem Kind aufzubauen und Verantwortung für sich und ihr Kind zu übernehmen. Im Weraheim gibt es auch die Stuttgarter Babyklappe. Mütter, die nicht mehr aus noch ein wissen, können ihr Neugeborenes dort abgeben. Das ist rechtlich umstritten. Aber die Verantwortlichen im Weraheim sagen: Die Babyklappe ist eine Hilfe, zum Leben ja zu sagen. Wenn die Babyklappe nur einem einzigen Kind das Leben ermöglicht hat, dann ist sie sinnvoll und wichtig.
Damit trifft das Weraheim, dass heute von der Diakonie Württemberg betrieben wird, eine Entscheidung, die wahrscheinlich ganz im Sinne der Herzogin Wera ist.
Als sie das Weraheim 1909 gegründet hat, waren Kirche und Staat gleichermaßen entsetzt: Ein Heim für unverheiratete Schwangere, in dem Mutter und Kind ein gemeinsames Leben lernen sollten? Das war damals unerhört. Aber Wera hatte gelesen, dass „eine überforderte Mutter ihr Kind in das Bahnhofsklo geworfen hatte". Als Mutter von zwei Kindern konnte sie sich vorstellen, wie verzweifelt eine Frau sein muss, die so etwas tut. Da entschloss sie sich, eine Zufluchtstätte für junge Mütter in Not ins Leben zu rufen. Auch wenn kirchliche und staatliche Stellen sich entrüsteten und zunächst keinerlei Unterstützung leisteten.
Ich weiß nicht viel mehr über diese in Russland geborene und in Stuttgart aufgewachsene Frau. Aber ich finde: Sie hat begriffen, was Auferstehung „praktisch" heißen kann: Gott will das Leben, auch wo alles hoffnungslos scheint. Und dafür braucht er mutige und entschlossene Menschen wie diese Wera.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=12836
weiterlesen...