Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Das ist eine Nachricht an meinen Engel. Ich denke es gibt viele Engel. Sichtbare und unsichtbare. Und Engel in Menschengestalt. Meinen traf ich am 16. März 1993 im Kreiskrankenhaus in Esslingen. Also vor fast genau 19 Jahren. Mein Vater war am Morgen dieses Tages gestorben. Ich wurde in die Klinik gerufen. Der Platz an dem sein Bett stand war leer. Das habe ich noch wahrgenommen. Ich wurde in den Aufbewahrungsraum geschickt. Er war im Keller. Ein schöner Raum. Würdevoll, stilvoll, zeitlos. Den Tod - das Aussehen und die Ausstrahlung toter Menschen - kannte ich damals schon. Was mich aber tief berührt und zu Tränen gerührt hat war dieses Gesicht meines toten Vaters: Eine Mischung aus Säugling und Greis. Irgendwie nackt, verletzlich, friedlich. Und plötzlich wie ich bei meinem toten Vater stand, spürte ich eine Hand an meinem Rücken. Sanft, zärtlich, beruhigend. Mein Engel stand seitlich hinter mir. Bildschön, blond, in weißer Kleidung, wie auch Klinikschwestern sie tragen. Mein Engel stand nur still hinter mir und strich mir über den Rücken. Ich weiß nicht wie lange, aber es war wunderschön. Und auf einmal war er weg. Ich habe ihn nie wieder gesehen. Aber dieses Bild, dieses Gefühl hat einen festen Platz, tief in meiner Seele. Ich möchte Dir danken, mein Engel. Und ich hoffe Du bist noch in dieser Welt. Hast noch viele Trauernde getröstet mit Deiner sanften, lieben Hand. Ich schicke Dir meinen Dank mit einem Satz. Ein Satz der uns verbindet und der zu Dir passt. Weil er mich gelehrt hat wie Menschen zu Engeln werden können: „Wir Menschen sind Engel mit nur einem Flügel. Wenn wir uns berühren, können wir fliegen..."

https://www.kirche-im-swr.de/?m=12717
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