Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Die Mutter der beiden Brüder Jakobus und Johannes kommt zu Jesus, um für ihre Söhne die Plätze rechts und links neben Jesus sozusagen zu reservieren. Sie will die Ehrenplätze an Jesu Seite für ihre Söhne. Jesus hatte unmittelbar vorher angekündigt, dass er ausgeliefert und gekreuzigt werden würde, da kommt sie an und kämpft wie aus heiterem Himmel um die besten Plätze für ihre Söhne.Das Schicksal Jesu scheint sie hier gar nicht zu interessieren. Wie kommt das? Was soll diese Geschichte? Das fragen sich vermutlich auch die Umstehenden. Denn nachdem Jesus noch freundlich darauf hinweist, dass er diese Plätze gar nicht vergeben kann, sondern nur sein Vater, ärgern sich die anderen Jünger über diesen Vorstoß einer übereifrigen Mutter. Und der Ärger richtet sich gegen Jakobus und Johannes, als ob sie ihre Mutter vorgeschickt hätten. Das ist der Moment, wo Jesus sie alle um sich versammelt. Jetzt spricht er von Macht und Machtmissbrauch. Davon dass der, der den Menschen dient der eigentlich Große ist. Wie die Mutter darauf reagiert hat, steht leider nicht mehr im Text. Ich glaube, dass die Mutter mit ihrem Anliegen nicht darum Ärger ausgelöst hat, weil sie sich für ihre Söhne einsetzt, sondern weil sie ein Exklusivrecht haben möchte, das die anderen benachteiligt. Aus der guten Absicht der Mutter entsteht eine Konkurrenzsituation unter den Jüngern.Auffallend ist, dass Jesus nicht den Wunsch nach Größe und guten Positionen an sich verurteilt. Aber die Grundhaltung seiner Jünger soll eine andere sein. Seine Antwort auf das Ganze ist: nutzen statt ausnutzen, dienen statt Vorteile sichern. Macht ja, aber nicht zum Nachteil anderer, sondern im Dienst am Nächsten. Schaff ich das, mich selbst nicht so wichtig zu nehmen? Bin ich überhaupt in der Lage, von mir selbst abzusehen und anderen den Vorrang zu lassen? In unserer Gesellschaft, wo nur der Erfolg hat, der sich gegen andere durchsetzt? Und überhaupt: Das mit dem Dienen ist doch wohl total überholt. Es gibt in diesem Zusammenhang ein Wort, bei dem Viele sofort Ablehnung spüren: Demut. Wir verbinden damit meistens Demütigung oder des gedemütigt Werden. Eigentlich bedeutet das Wort aber, das Dienen für sinnvoll zu erachten. Mut bedeutete früher auch „Sinn". Wer dem anderen dient, sollte das tun, nicht weil es gefordert wird, sondern weil es Sinn macht, sich für andere zu engagieren. Vielleicht gibt es Gelegenheiten, wo wir in die Rolle der Mutter schlüpfen, aber nicht, um Konkurrenz zu schaffen, sondern um uns dafür einbringen zu können, dass es allen besser geht. Und mir damit auch. Ich finde, das würde Sinn machen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=12617
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