Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Wenn man zu lange Pause macht, dann ist man im Beruf schnell weg vom Fenster. Hoffentlich macht meine Tochter da keinen Fehler!". Neben mir im Abteil unterhielten sich zwei Großmütter. Ich konnte nicht darüber hinweg hören. Das Enkelkind der einen war vor ein paar Wochen geboren, bei der anderen würde es noch ein bisschen dauern. Anscheinend waren die Mütter und Kinder wohlauf. Trotzdem waren die Großmütter voller Sorgen. Lange aus dem Beruf aussteigen, das geht nicht, da waren sie einig. Aber die Schwiegersöhne könnten sich das erst recht nicht leisten. Andererseits: Kann man denn so ein kleines Wackelchen schon weggeben, in die Krippe oder zur Tagesmutter? Und die Wohnung ist jedenfalls zu klein, aber eine größere eigentlich zu teuer. „Hoffentlich macht meine Tochter da keinen Fehler!". Ich kenne das. Ich mache mir auch oft Sorgen. Aber in diesem Zugabteil habe ich plötzlich gemerkt, solche Sorgen wirken irgendwie mutlos, so wie: „Warum haben sie sich darauf bloß eingelassen?" Sicher: die beiden Frauen werden sich auch gefreut haben. Aber gesprochen haben sie von den Sorgen. Ob sie mit ihren Töchtern und Schwiegersöhnen auch so reden? Ich glaube, junge Eltern brauchen vor allem eines: Herzliche Mitfreude und Ermutigung. Mir ist Elisabeth eingefallen, eine Frau, sicher schon fast so alt wie die beiden werdenden Großmütter aus dem Zug. Die Bibel erzählt, dass zu ihr eine junge Schwangere kam (Lk 1, 46-56). Maria war das, die die Mutter von Jesus werden sollte. Ein Mädchen aus einfachsten Verhältnissen, das nicht einmal einen Vater für sein Kind hatte. Maria hatte allen Grund, sich Sorgen zu machen. Und Elisabeth schlägt nicht die Hände über dem Kopf zusammen. Sie klatscht vielleicht in die Hände, jedenfalls freut sie sich sehr und sagt zu der schwangeren Maria: „Gesegnet bis du und gesegnet ist das Baby in deinem Bauch." Maria bleibt dann wochenlang bei ihr und wahrscheinlich haben sie da noch öfter von Gott und seinem Segen gesprochen. Was dann kam war trotzdem nicht ganz einfach. Aber Maria und ihr Josef haben es geschafft. Es gab Schwierigkeiten, mit denen sie nicht rechnen konnten, von Anfang an. Aber immer haben sich auch Wege gefunden. Man kann nicht erst alles klären und alle Wege ebnen. Kinder, wenn sie erst da sind, geben einem unglaublich viel Kraft. Und Gott gibt seinen Segen. Wie damals bei Maria. Das sei doch nun was ganz anderes gewesen, sagen Sie? Ich weiß nicht. Vieles war doch wie bei jedem anderen Paar, das ein Kind bekommt. Ich meine: Ohne Elisabeth und ihre Erfahrungen hätten Maria und Josef das jedenfalls nicht so gut hingekriegt. Hoffentlich kann ich auch so weise und lebensbejahend reagieren, wenn ich mal Großmutter werde.

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