Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Der Unglaube ist auch nur ein Glaube. Der Glaube an etwas ist jedoch viel schöner als der Glaube an nichts." - der Schriftsteller Arnold Stadler hat das gesagt. Mir gefällt dieser Spruch. Und ich frage mich: was ist schön an meinem christlichen Glauben? Für mich ist er schön, weil er - wenn man Jesus folgt - menschlich ist, seinem Wesen nach zutiefst menschlich ist. Und weil dieser Glaube besagt: Das Leben und die Liebe sind stärker als der Tod! Das hat einen hellen Klang. Das ist ein Ja mitten hinein in so viel Nein, in so viel Negatives. Vielleicht kann manch einer diesen Glauben deshalb nicht schön finden, weil Kirchenleute ihn durch Unglaubwürdigkeit und Lieblosigkeit immer wieder verstellt haben. Andererseits wundere ich mich aber auch darüber, welche geistigen Kraftanstrengungen Menschen machen, um gegen etwas zu sein, was es für sie gar nicht gibt. Wir leben in einer säkularen Welt, in der es keine frommen Nischen mehr gibt. In einer Welt, in der das Wort „vernünftig" regiert und alles an den Bedürfnissen des so genannten „Verbrauchers" ausgerichtet wird. Aber immer nur arbeiten, kaufen, sich vergnügen. Das kann doch nicht alles sein Wir haben gelernt, uns des eigenen Verstandes zu bedienen - Gott sei Dank. Auf der anderen Seite ist unser Denken zwiespältig, begrenzt, einseitig. Und so möchte ich mich nicht hinter meinen Zweifeln verschanzen, sondern offen bleiben für neue Erkenntnisse, für neue Erfahrungen. Ich bin davon überzeugt, dass ich mit einem „vorsichtig-offenen Ja" der „Schönheit" des Glaubens näher komme als mit einem „kategorischen Nein". Ich plädiere für einen Glauben, der „einleuchtet". Ich spiele die „Partitur der Hoffnung" - wie es einmal jemand so schön gesagt hat. Dass es eben nicht aus ist, wenn es aus ist. Und so setze ich vertrauensvoll auf Gott - statt auf Null und Nichts. Ich möchte mich von Gott überraschen lassen. In diesem Leben und danach. Und wenn bis zuletzt auch der Zweifel bleibt, sehe ich für mein Leben nichts verloren. Ich habe in jedem Fall froher, sinnvoller und glücklicher gelebt, als wenn ich diese Hoffnung, diesen „schönen Glauben" nicht gehabt hätte.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=12454
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