SWR1 3vor8

SWR1 3vor8

 (Zu Mk 1, 14-20)
Stellen Sie sich vor, Sie sind bei der Arbeit. Da kommt ein Mensch mit einer gigantischen Ausstrahlung und sagt Sie sollen alles stehen und liegen lassen und mit ihm gehen. Job, Frau, Kinder und Familie alles aufgeben und was Besseres, Größeres, Wichtigeres tun. Genau das ist heute in den Katholischen Kirchen zu hören. Wo im Markusevangelium beschrieben wird wie Jesus seine ersten Jünger beruft. Am See Genezareth trifft er auf die Fischer Simon, Andreas, Jakobus und Johannes. Und sie fordert er auf ihm nachzufolgen, mit dem berühmten Satz: „Ich werde Euch zu Menschenfischern machen". Und „sogleich ließen sie ihre Netze liegen und folgten ihm nach" - heißt es wörtlich.  Irgendwie mag ich diese Geschichte nicht. Ich mag diese geradezu blindartige Spontaneität nicht, diesen nicht hinterfragbaren Sog. Natürlich, es geht um Jesus von dem eine unbeschreibliche Faszination, ja wohl auch Sogwirkung ausgegangen sein muss. Aber braucht er für seine Botschaft vom Reich Gottes eine solche Radikalität? Ja Rücksichtslosigkeit, die die Männer nicht mal mit ihren Frauen reden lässt bevor sie sie verlassen? Oder den alten Vater mit seiner Fischereiarbeit allein lassen? Ich weiß, dass dieses Evangelium ca. 60 Jahre nach Christus geschrieben wurde. Und dass sein Autor damit beschreiben wollte wie einzigartig und wirksam Jesus gewesen ist. Und ich weiß auch, dass es diese Art von Radikalität nicht nur im christlichen Glauben, sondern in allen Religionen gibt. Wie auch bei Künstlern, Entwicklungshelfern oder Ärzten. Wenn sie sich ganz und gar dem Menschen verschreiben oder sich einer Überzeugung hingeben. 
Aber bin ich einer dieser „lauen Berufschristen", wie der Papst sie nennt, wenn ich nichts und niemandem spontan hinterherlaufen möchte? Und wenn mir das Wort „Menschenfischer" nicht behagt? Klar, es ist ein passendes Bild für die radikale Lebensveränderung der Jünger Jesu.    Aber ich mag nicht was es über die Art aussagt wie Menschen für den Glauben gewonnen werden sollen. Denn ich möchte keine Menschen wie Fische in meinem Glaubensnetz zappeln sehen. Und ich möchte auch selbst nicht gefangen werden. Ich möchte einen Glauben auf Augenhöhe und auf Herzenshöhe. Einen Glauben dessen Worte vor meinem Verstand Bestand haben. Und einen Glauben, dessen Taten mich überzeugen. Worte und Taten die den Menschen nicht gefangen nehmen, sondern frei setzen. Frei von äußeren Zwängen. Und frei zu werden so wie Gott sie gedacht hat: sie selbst...

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