Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Es ist ein seltsames Gefühl einen Brief zu schreiben. Ich meine nicht eine e-mail, sms oder einen Brief per Computer mit der Tastatur, sondern handschriftlich. Ein richtiger Brief. Wie früher könnte man sagen. Ein Stift, Füller oder Kugelschreiber und ein Bogen Papier, Briefumschlag und Briefmarke drauf.
Es ist eine völlig andere Art zu kommunizieren habe ich festgestellt. Am PC kann ich Sätze verändern, im Nachhinein korrigieren, nachbessern. Beim Briefschreiben auf Papier ist das anders. Ich muss mir vorher gut überlegen, was und wie ich es ausdrücken will. So Schreiben dauert länger. Mir geht es jedenfalls so. Ganz bewusst habe ich in den letzten Wochen solche Briefe geschrieben. Ich hätte auch das Telefon benutzen können, einfach anrufen können oder eine e-mail schreiben. Vom Gefühl her hat aber ein handschriftlicher Brief eine andere Bedeutung. Es ist kein flüchtiger Text auf einem Bildschirm, sondern etwas zum Anfassen. Ein richtiger Brief ist kein bedrucktes Papier mit genormter und standardisierter Schrift, kein gesprochenes Wort, das schnell wieder vergessen werden kann. Ein handschriftlicher Brief ist etwas ganz Persönliches. Eine individuelle Botschaft. So schreibe nur ich. Natürlich bemühe ich mich, so zu schreiben, dass der Empfänger es problemlos lesen kann. Der Brief soll etwas Besonderes sein. So ein Brief kann immer wieder gelesen, kann aufbewahrt werden.
Ein Brief kann für die Nachwelt von Bedeutung sein. Es werden Briefwechsel als Bücher herausgegeben, Politiker, Dichter, Prominente ... zum Nachlesen.
Ein Großteil der Bibel, mehr als die Hälfte des neuen Testaments sind Briefe. Am bekanntesten sind die Paulusbriefe, welche nach traditioneller Auffassung den Apostel Paulus zum Urheber haben. Es sind meist keine Briefe an Einzelpersonen, sondern an ganze Gemeinden, die Paulus gegründet hat: an die Römer, an die Korinther, die Galater und andere. Diese Briefe wurden gesammelt und in den Gemeinden vorgelesen. Das ist heute noch so. Die Handschrift der Paulusriefe ist eindeutig: Im Zentrum steht immer das Gebot der Nächstenliebe.
Angeblich wurden viele durch die Lektüre der Paulusbriefe zum Christentum bekehrt, wie der frühchristliche Theologe Augustinus. Theologen sehen im Römerbrief die wichtigsten Elemente und Gedanken des Christentums zusammengefasst. Selbst wenn man noch kein anderes biblisches Buch kennt, meint etwa Martin Luther, man erfährt im Römerbrief alles, was wichtig ist.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=12228
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