Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Immer mobiler und globaler. Heute hier, morgen dort. Die Arbeit kommt nicht zu den Menschen, die Menschen müssen zur Arbeit. Dorthin, wo es Arbeit gibt. Immer weniger geht vor Ort. Immer weniger können stetig und einfach ihren Beruf ausüben. Lebenslanges lernen, auch Berufswechsel sind manchmal notwendig. Immer mehr Menschen werden im Lauf ihres Lebens ›entwurzelt‹.
Wie kann jemand in einer sich derart schnell wandelnden Lebens- und Arbeitswelt dennoch gut geerdet und glaubwürdig bleiben? Wer sich in permanenter Veränderung zurechtfinden muss, braucht eine Art »Bodenhaftung«, einen »festen Anker«. Allerdings darf die Angst vor dem Unbekannten auch nicht dazu führen, sich nicht von der Stelle bewegen zu wollen.
Für Leitungspersonen ist das nicht leicht. Es gibt den Unterschied zwischen einer Führungskraft und einer Führungspersönlichkeit. Kraft ist ein physikalischer Begriff: Ursache und Wirkung. Ein gewaltiger Kraftakt aber reicht nicht, um glaubwürdig zu sein. Menschen, die in inneren Werten geerdet sind, haben die Fähigkeit, nicht den Halt zu verlieren, auch wenn Unerwartetes, Unbekanntes und Unkontrollierbares auf sie zukommt. Vorbilder haben oft so eine tief verwurzelte Überzeugung.
Das kann der Glaube an einen über allem stehenden Sinn sein. Der Glaube, dass letztlich nicht der Zufall, nicht Gier oder Machtstreben die Menschheit voranbringen, sondern Liebe und Freiheit. Wie sonst kann ich mit Widersprüchlichkeiten in alltäglichen Dingen umgehen, wenn ich nicht daran glaube, dass mein Tun, mein Engagement in der Familie, mein Einsatz am Arbeitsplatz, mein Mitwirken in der Gesellschaft letztlich einen tieferen Sinn hat? Menschen aus meinem Umfeld merken ganz genau, ob ich etwas aus einer tiefen Überzeugung heraus tue, oder nur, weil ich auf meinen eigenen Vorteil bedacht bin. Ob ich Entscheidungen auf der Basis von Werten und guten Absichten treffe, oder ob dahinter Machtstreben steckt, die Suche nach Applaus der anderen. Oder reines Gewinnstreben. Oder Angst und Unsicherheit?
Ich muss nicht meinen Glauben, meine Kirchlichkeit oder meine religiöse Praxis vor mir hertragen und lauthals herumposaunen, im Gegenteil. Wer für sich seinen Glauben pflegt, der ist als Mensch in den Augen anderer glaubwürdig.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=12224
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