Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Zwischen den Jahren - so werden diese Tage zwischen Weihnachten und Silvester auch genannt. Ich mag diese Tage. Sie sind nicht so gefühlsbeladen wie Weihnachten und nicht so knallig wie Silvester.     Diese Tage zwischen den Jahren haben was von einer Dämmerung. Wenn der Tag noch nicht ganz gegangen ist und die Nacht noch nicht ganz da. Ein kurzer Zustand des sanften Übergangs, mit dem alles so mild einhüllenden Licht. Die Tage zwischen den Jahren sind für mich wie die Abenddämmerung des Jahres. Meistens hab ich Urlaub in dieser Zeit. Mein Tempo in diesem Zwischenraum wird langsamer. Ich habe Zeit. Zeit zurückzuschauen, auf das Jahr. Dinge zu ordnen, für die ich das ganze Jahr keine Zeit hatte. Nachdenken, inne halten, wie zwischen zwei Atemzügen. Die Zeit zwischen den Jahren ist für mich eine Zeit, die genauso viel mit Religion zu tun hat, wie Weihnachten. In dieser Zwischenzeit fällt es mir leichter mein Leben zu betrachten, zu erkennen was ist. Zurückschauen und nach vorn. Was war gut? Was will ich beibehalten? Was war schlecht, schädlich für mich oder andere? Was muss sich ändern? Die Religion der ich angehöre ermutigt an vielen Stellen zur Veränderung, zum Aufbruch. Wenn Menschen in einer Sackgasse waren, innerlich verkantet waren, dann hat der Mann aus Nazareth seine große Gabe, seine heilige Gabe eingesetzt und die Menschen wieder zu sich gebracht, ihre Verkantung gelöst, ihre Seele wieder ins Lot gebracht. Einer, wenn nicht der zentrale Teil seiner Botschaft war die des „Schon und noch nicht". Die neue Welt des großen, ganz anderen, schönen, ewigen Lebens, ist schon da, in wunderbaren Ansätzen ahnbar, spürbar. Aber noch nicht in seiner ganzen Fülle. Schon und noch nicht. Wie die Zeit zwischen den Jahren. Das alte Jahr fast schon wieder zu Ende, das neue noch nicht da. Oder wie die Dämmerung. Die Nacht noch nicht zu Ende und der Tag schon fast da...

https://www.kirche-im-swr.de/?m=12219
weiterlesen...