Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Das Lied „Tauet Himmel den Gerechten" gehört für mich von klein auf zum Advent. Wenn die Familie sich an Nikolaus oder den Namenstagen im Advent getroffen hat, wurde es gesungen. Ich fand's schön auch wenn ich mich gewundert habe, wie das denn gehen soll, einen Gerechten tauen und herab-regnen zu lassen ... 
Heute beschäftigt mich dieses Bild vom Tau und dem Gerechten wieder ,aberanders. Wenn ich an Tau denke, sehe ich vor mir: Wiesen am frühen Morgen, im Frühjahr und Sommer, die von Tau benetzt sind. Tautropfen die in der aufgehenden Sonne glitzern. Das hat so etwas Unberührtes, ganz Frisches. Kaum wage ich es, sie zu betreten, andererseits gibt es kaum etwas Belebenderes wie durch so eine taufrische Wiese barfuß zu laufen. Für die Natur selbst, die Pflanzen ist dieser Tau gerade im Frühjahr oder Sommer lebensnotwendig, besonders dann wenn es wenig regnet. Und wenn das schon in unseren Breitengraden so ist, um wie viel mehr dann im Vorderen Orient. Für die Menschen im Umfeld Jesu war der Tau ein wichtiges Symbol. Ein Symbol für Gottes lebensspendende Kraft. Nachts fällt der Tau auf den trockenen Ackerboden, und selbst die Wüste ist morgens mit Tau übersät.  Was sonst verdorren würde, kann so wieder zum Leben erwachen, Frucht bringen und blühen. Tau ist so auch im übertragenen Sinne ein Symbol für Belebung. Für etwas, das vielleicht auch das Verdorrte in mir wieder zum Blühen bringen will. Und dann ist da noch „der Gerechte", den es tauen soll. Das Volk Israel wartet auf den Erlöser, den Heiland. Christen glauben, dass dieser Gerechte Jesus Christus ist. Was aber meint dieses „gerecht"? Einen Mensch, der in sich stimmig - „recht" ist - aufrecht? Vielleicht. Für mich schwingt in dem biblischen „gerecht" immer auch noch was anderes mit: Treu -Sein. Gerechtigkeit im Sinne der Treue Gottes zu uns Menschen. Gerechtigkeit, die als unbedingte Verbundenheit zwischen Gott und Mensch und Mensch und Mensch erfahrbar wird. Um diese Sehnsucht, dass der treue Gott mir nahe kommt, und michsanft wie Tau  belebt.  Darum geht es für mich, wenn ich heute das Lied singe: „Tauet Himmel den Gerechten".

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