Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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In der Adventszeit Geschenke auszuwählen oder  zu basteln, macht mir Freude und sich an Weihnachten gegenseitig zu beschenken, ist für mich ein schöner Brauch. Trotzdem bereitet mir dieses Schenken auch immer wieder malKopfzerbrechen. Der Dichter Joachim Ringelnatz hat ein Gedicht verfasst, das sich fast wie eine Anleitung zum rechten Schenken liest. 

„Schenke groß oder klein,
aber immer gediegen.
Wenn die Bedachten
die Gaben wiegen
sei dein Gewissen rein.
Schenke herzlich und frei.
Schenke dabei,
was in dir wohnt
an Meinung, Geschmack und Humor,
so dass die eigene Freude zuvor
dich reichlich belohnt.
Schenke mit Geist ohne List
sei eingedenk,
dass dein Geschenk
Du selber bist." 

Schenke ohne Berechnung aber mit Verstand, höre ich heraus. Beachte, dass dein Geschenk den anderen nicht erschlägt oder gar bloß- stellt, weil es zu bombastisch ist. Schenke solide, auf gut schwäbisch gesagt: koin Gruscht, das steckt für mich in dem Wort „gediegen". „Schenke herzlich und frei, schenke dabei, was in Dir wohnt an Meinung, Geschmack und Humor." Dieser Gedanke gefällt mir: von Herzen zu schenken, ohne moralischen Druck und etwas von dem weiterzugeben, was in mir wohnt an Gefühlen und Gedanken, die ich mit dem Menschen verbinde, den ich beschenken will. Dass ich mir überhaupt Gedanken mache, was ihm gefallen könnte, was sie sich wünscht, macht mein Geschenk wertvoll. Wenn ich das schaffe, mir Zeit zu nehmen und mich in den anderen hineinzufühlen oder gar das Glück habe, auf etwas zu stoßen, das für genau für sie passt oder für ihn das Richtige ist dann kann ich mich freuen wie ein kleines Kind. Nachdenklich stimmt mich der letzte Satz in Ringelnatzens Gedicht „...sei eingedenk, dass dein Geschenk Du selbst bist ..." Da ist was dran.  Wenn ich mir überlege, was die eigentlich kostbaren Geschenke für mich selber sind, dann sind es die, mit denen ich etwas von mir selber verschenke oder von jemandem geschenkt bekomme. Das sind eher die immateriellen Dinge. Etwas, das man nicht mit Geld bezahlen kann: zum Beispiel sich Zeit füreinander nehmen,  Raum zu geben um etwas Schönes miteinander  zu erleben. Manchmal einfach nur da sein ohne Worte.

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