SWR4 Abendgedanken BW

SWR4 Abendgedanken BW

„Wie sehe ich aus?" so fragt mich meine Enkelin, nachdem sie sich im Bad ausführlich am Schminkkasten ihrer Mutter bedient hat und so aus sich eine besondere Person gemacht hat. „Du siehst aus wie die berühmte Prinzessin Erbse," sage ich ihr. Und als ihr Bruder ebenso fragt: „Wie sehe ich aus?",  da sehe ich deutlich: er sieht aus wie ein Pirat.
Wie sehe ich aus - für dich? Es gibt eine Erzählung, da geht Gott auf die Reise über die Erde. Und überall fragt er: Wie sehe ich aus? Gott fragt den Regenbogen, wie er ihn sieht. Du bist für mich wie ein genialer Maler, der unbeschreiblich viele Farben nutzen kann. Wie sehe ich aus? Fragt Gott die Wolke, und sie sieht in ihm eine Kraft, die alles bewegt und hin und her wirbeln kann. Ein wunderbarer Komponist ist er für den Distelfink mit den vielen Melodien, die er erklingen lässt. Am Ende kommt Gott auch zu einem Menschen, der als Maler arbeitet. „Wie sehe ich aus für dich? Auf diese Frage beginnt der Maler ein Bild zu gestalten, aus dem am Ende ein alter Mann mit einem weißen Bart hervortritt. Da wendet sich Gott enttäuscht ab und fragt sich: „Sehe ich wirklich so aus?"
Wie sieht Gott für mich aus? Ich muss diese Frage immer wieder anders beantworten. Manchmal sieht es für mich aus wie ein großer Zauberer, manchmal auch wie der Akteur in einem Marionettentheater, der unsichtbar ist und doch die Figuren hin und her bewegt. Eine endgültige Antwort kann ich nicht geben, wenn mich einer fragt: wie sieht Gott aus? Das übersteigt mein Vorstellungsvermögen.
Jesus hat einmal eine Antwort gegeben. Er hat erzählt: Menschen sind in ganz unterschiedlichen Situationen unterwegs. Ein hungriger und durstiger Mensch bittet  darum, etwas zu essen und zu trinken zu bekommen. Ein Kranker ist auf die Hilfe, Fürsorge und Pflege anderer angewiesen ; ein Mensch sitzt im Gefängnis und hofft darauf, dass er Besuch bekommt und jemanden trifft, der zu ihm hält; man findet einen nackten Menschen, der sich schämt und der dringend Kleidung benötigt; und ein müder Wanderer ist unterwegs und klopft an die Tür eines Hauses und bittet um Gastfreundschaft. Und dann erklärt Jesus seinen Zuhörern: immer dort, wo ihr einen solchen Fremden aufgenommen, einen Kranken besucht, einen Hungernden und Durstigen versorgt und einen Kranken gepflegt habt - da habt ihr das für mich getan.
Jesus ist der Mensch, in dem Gott sich gezeigt hat. Deshalb finde ich: So ist die Frage Gottes „Wie sehe ich aus?" beantwortet.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=11980
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