Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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das Beispiel der heiligen Elisabeth von Thüringen.
„Wie kann ich eine goldene Krone tragen, wenn der Herr eine Dornenkrone trägt" - das sagt eine fromme, aber auch rebellisch gläubige Frau: die heilige Elisabeth von Thüringen. Heute ist ihr Gedenktag. Sie lebte im 13. Jahrhundert (1207 - 1231) und ist mit 24 Jahren gestorben. Sie ist eine der großartigsten Frauengestalten des Mittelalters. Für mich ist sie ein modernes Vorbild. Vorbild dafür, dass Liebe unteilbar ist: dass eheliche Liebe, Gottesliebe und Nächstenliebe keine Gegensätze sind - wie manch religiöse Ideologie einem immer noch weis zu machen sucht. Ihre Ehe mit dem Landgrafen Ludwig von Thüringen war alles andere als platonisch. Liebevoll und sinnlich sei Elisabeth gewesen, zärtlich und leidenschaftlich. - Und genau das stand ihrer Liebe zu Gott nicht im Wege. Im Gegenteil: Wie Elisabeth lebte und ihre Ehe führte, das entstammte ihrem Willen, ganz für Gott da zu sein. Zeitzeugen bescheinigen ihr auch eine besondere persönliche Beziehung zu Jesus Christus. Aus dieser Beziehung heraus versteht sich auch ihr unerschrockener Charakter: eigenwillig und selbstbewusst, lebensfroh, impulsiv, bisweilen stürmisch. - Und sie hat gegen den feudalen Lebensstil der herrschenden Klasse protestiert  sowie gegen die Ausbeutung der einfachen Leute. Nach dem frühen Tod ihres Mannes hat man sie aus der Wartburg - dem landgräflichen Stammsitz - hinaus geekelt Seit jeher einfach und sozial eingestellt, hat Elisabeth nun vollends ihre Vorliebe für die Ärmsten der Armen entdeckt, für die Bettler und Aussätzigen. Für sie tat sie alles, aus der tiefen Überzeugung: „Erst unter den Armen wird Christus erkannt, weil er einer von ihnen ist" - soll sie gesagt haben. Zu Recht nennt man Elisabeth die „Mutter Teresa des Mittelalters". Elisabeth hat mitgewirkt, der mittelalterlichen Kirche mit all ihren Verirrungen wieder ein menschliches, ein christliches Gesicht zu geben. - Für den „Dialogprozess" in meiner krisengeschüttelten katholischen Kirche erscheint mir ihr Lebensbeispiel von aktueller Bedeutung: dass man endlich aufhört, eheliche Liebe, Gottesliebe und Nächstenliebe gegeneinander auszuspielen. Alle drei sind miteinander vereinbar, denn: Liebe ist unteilbar! - Weil sie grenzenlos ist und nicht in einzelne Lebensbereiche eingesperrt werden kann. Und weil Gott es vielleicht gar nicht will, dass man seine Liebe nur ihm vorbehält.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=11898
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