Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Novemberstimmung. Die Landschaft ist oft voller Nebel. Die Farben verschwimmen in ein milchiges Grau-Grün-Gelb. Formen und Konturen sind aufgelöst. Nähe und Ferne gehen ineinander über. Manchmal erkennt man die schwachen Umrisse der Sonne, aber sie gibt kein Licht. Auch kein Schatten kann mehr fallen. Wüssten wir nicht um das Licht, hätten wir keine Erinnerung daran, dann würden wir nur noch in Dunkelheit leben. So hat der Nebel für viele schon auch seine negative, unheimliche Seite, die sich auf die Psyche legen kann. Der Nebel kann einem aber auch noch etwas ganz anderes, positives über das Leben und den Glauben sagen. Er kann auf verschiedene Weise zum Bild für unser Leben werden. Der Nebel: er steht dem Anspruch entgegen, alles wissen, ergründen und haben zu wollen. Er schützt das Leben vor dem Zugriff. Damit nicht alles verplant, damit nicht jedes enthüllt und bloßgestellt wird. Der Nebel: er weist auch auf die Liebe hin. Einander lieben, einander immer besser verstehen heißt auch, um das Geheimnis der Geliebten, des Geliebten wissen. Heißt anerkennen, dass die Tiefen ihrer Seele, seiner Seele verborgen bleiben. So lerne ich die Einzigartigkeit und die Einmaligkeit des anderen achten. Mit einem solchen Respekt voreinander kann die Liebe Vertrauen schenken und Freude machen. Der Nebel: er weist auf das Geheimnis des Lebens hin. Es ist nicht einfach zu erklären. Es bleibt auf weite Strecken verborgen und unergründlich. Und so bleiben wir auf der Suche nach Sinn und Lebensorientierung. Auf der Suche nach dem, was im Leben wirklich zählt. Auf der Suche nach Antworten auf die alten Menschheitsfragen: Wo komme ich her? Wer bin ich? Wo gehe ich hin? Der Nebel: er lässt mich dem nachspüren, was hinter den Dingen verborgen ist. Wenig sieht das Auge, aber es ahnt  Unendlichkeit. Der Nebel: in ihm verbirgt sich die Hoffnung auf Licht und auf endgültige Klarheit. Er ist Vorbote dafür, dass wir Gott einmal ganz schauen werden. Eine unglaubliche Vorstellung, die die Bibel verheißt. Der Apostel Paulus bringt es in dieses Bild: „Jetzt schauen wir in einen Spiegel Und sehen nur rätselhafte Umrisse, dann aber schauen wir von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich unvollkommen, dann aber werde ich durch und durch erkennen." (1 Korinther 13,12)

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