Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Dass du immer das letzte Wort haben musst!"  - sagt der Vater nach einem heftigen Wortwechsel entnervt zu seinem 16-jährigen Sohn. Darauf der Sohn spontan: „Ich konnte doch nicht ahnen, dass du nichts mehr sagen willst." Was heißt: „das letzte Wort haben?" Will da jemand Recht haben, dem andern eins reindrücken, Macht ausüben? Und was heißt: „Ich konnte nicht ahnen, dass du nichts mehr sagen willst?" Hält er das Gespräch für beendet? Oder fällt dem andern nichts mehr ein? Zu dieser Szene gibt es eine äußerst ernsthafte Parallele: Die ewige Auseinandersetzung zwischen Leben und Tod. Wer von beiden hat das letzte Wort? Wenn der Tod in unser Leben eintritt und wir sprachlos sind - hat dann der Tod nicht doch das letzte Wort? Die Totengedenktage im November erinnern daran: Alles auf Erden ist begrenzt, gefährdet, vergänglich. Die schmerzlichste aller Erfahrungen. Und da mitten hinein provoziert der Apostel Paulus mit felsenfester Überzeugung: „Der letzte Feind, der entmachtet wird, ist der Tod. Und dann wird Gott Herr sein über alles und in allem." Das schreibt Paulus in einem Brief an seine Gemeinde in Korinth, in Griechenland. Und im Anschluss daran fragt er den Tod siegesgewiss: „Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?" Als ob er sagen wollte: „Und du hast doch nicht das letzte Wort!" (1 Korinther 15,26-28.55) Vielleicht liegt es auch an mir, ob ich dem Tod das letzte Wort gebe oder dem Leben, ob ich beim Gedanken an den Tod verstumme oder eine Antwort habe. - Ich glaube, die Antwort auf den Tod ist die Liebe. Sie wird immer das letzte Wort haben. Sie erweist sich stärker als der Tod. Der  amerikanische Schriftsteller Thornton Wilder (1897 - 1975) hat das so gesagt: „Da ist ein Land der Lebenden und ein Land der Toten und die Brücke zwischen ihnen ist die Liebe, die einzig Bleibende, der einzige Sinn." Unsere Verstorbenen werden uns fehlen. Wir vermissen sie. Vermissen tun wir aber nur das, was wir lieben. Das ist die Antwort: Lieben gegen den Tod. Und ich glaube, da hat Gott seine Hand im Spiel. Ich glaube daran, dass er ganz Liebe ist und damit ein Gott des Lebens. Und ich glaube auch, dass uns im Tod das Leben nicht genommen wird, es wird gewandelt -  in das ganz andere, neue Leben bei Gott.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=11894
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