SWR1 3vor8

SWR1 3vor8

Allerheiligen: Katholische Christen erinnern sich heute in ihren Gottesdiensten an die Heiligen der vergangenen Jahrhunderte. An die heilige Elisabeth zum Beispiel, eine Landgräfin aus Thüringen, Sie hat sich selbst aufgeopfert und sogar ruiniert für Arme, Kranke und Bedürftige. Oder an den heiligen Martin, einen Soldaten im 6. Jahrhundert. Mit einem halberfrorenen Bettler hat er seinen warmen Mantel geteilt. Heilige: Menschen, die - jeder auf seine besondere Art - die Welt ein bisschen heller, ein bisschen hoffnungsvoller, ein bisschen besser gemacht haben.
Ich finde, uns Evangelischen würde es auch gut tun, wenn wir uns an solche Menschen erinnern. Denn an ihnen kann man erkennen: Es ist möglich, wenigstens ein paar Menschen zu retten. Es ist möglich, wenigstens einen Menschen zu wärmen. Es ist möglich, wenigstens da, wo man selber Einfluss hat, die Welt ein kleines bisschen besser zu machen. Und manchmal braucht man gar nicht viel dazu: Einen Mantel oder ein paar Euro, die man abgeben kann. Ein paar Stunden Zeit zum Beispiel als Betreuer für die Jungs, die mit ihrer Ausbildung nicht allein zurecht kommen. Oder ich kann mit meinem Patenkind beten und ihm erzählen, wie Gott tröstet und Kraft gibt. Heutige Heilige würden wahrscheinlich so etwas tun.
Und mich motivieren die Heiligengeschichten aus früherer Zeit, es auch zu versuchen. Dazu muss man nicht besonders fest glauben und auch persönlich nicht perfekt und fehlerlos sein. Die Heiligen, deren Geschichten erzählt werden, waren das auch nicht, glaube ich. Denn Heilige sind ja eigentlich alle Christen, nicht bloß die, die etwas besonders Denkwürdiges geleistet haben. Deshalb schreibt zum Beispiel der Apostel Paulus seine Briefe, die in der Bibel aufbewahrt sind, an die Heiligen. An die Heiligen in Rom zum Beispiel, an die Heiligen in Korinth, in Ephesus oder in Philippi - und das sind alle Christen, die dort leben und nicht bloß einige besonders tapfere und starke Persönlichkeiten.
Sie und ich, wir können es auch wie Heilige machen. Und orientieren können wir uns dabei an Empfehlungen, die Jesus gegeben hat. Sie werden heute in den Gottesdiensten vorgelesen: „Selig sind die, die Frieden stiften, denn sie werden Gottes Kinder heißen." Aber genauso: „Selig sind die, die barmherzig sind, denn sie werden barmherzig behandelt werden" Und auch: „Selig sind die, die von Herzen freundlich sind," oder: „Selig sind die, die nach Gerechtigkeit hungern und dürsten, denn sie werden satt werden".
Wenn ich das höre, denke ich: Wir Heilige könnten alle unseren Teil dazu beitragen, dass die Welt ein bisschen besser wird. Allerheiligen ist für mich deshalb ein Feiertag, der Mut macht.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=11827
weiterlesen...