Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Kleider machen Leute“ – dieser Spruch hat schon was für sich. Kleider können durchaus etwas aussagen über einen Menschen, sie können Menschen sogar verändern. Die einen kleiden sich einfach und schlicht, weil das für sie nicht so wichtig ist oder weil sie es sich finanziell nicht leisten können. Andere mögen es nur vom Feinsten. Viele Mädchen lieben es heute kurz und bauchfrei, wegen des Blickfangs. Die in Uniform – in weltlicher oder geistlicher Uniform - machen einem auch heute noch klar, wer hier das Sagen hat. Kleider machen eben Leute. Jesus scheint andere Leute im Blick zu haben, wenn er sagt: „Ich war nackt, und ihr habt mir Kleidung gegeben.“ (Matthäus 25,36) Mit wem solidarisiert, ja identifiziert er sich da? – Mit zerlumpten Kindern in den Hinterhöfen und Slums. Mit frierenden Bettlern in der Nähe von Bahnhöfen und unter Brücken. Wenn man in die Evangelien schaut, meint er auch die Ausgezogenen im „ältesten Gewerbe“, auf der Suche nach dem „schnellen Geld“. Oder die von Zuhältern dazu gezwungen werden. „Ich war nackt, und ihr habt mir Kleidung gegeben.“ – Ich glaube, Jesus hat aber auch noch andere Menschen im Blick. Denn: Nacktsein muss nicht nur mit Kleidern zu tun haben. Nacktsein hat auch damit zu tun, wenn die menschliche Würde auf dem Spiel steht. Wenn ich das Gefühl habe, bloßgestellt und schutzlos zu sein- wie ausgezogen. Entwürdigt durch Missachtung, Gerüchte, üble Nachrede. Wenn ich das Gefühl habe, nutzlos zu sein und ausgeliefert, nicht mehr gebraucht zu werden. Kündigung nach 35 Jahren Betriebszugehörigkeit. Ich möchte mir ein Gebet des Kapuzinerpaters Anton Rotzetter zu eigen machen:„Kleider machen Leute So laß mich Kleider schenken Gott und die Beschenkten werden aufrecht gehen Laß mich den Menschen achten Gott als Dein Ebenbild“ *
* Gott, der mich atmen läßt – Gebete,
Verlag Herder Freiburg i. Br. 1985, S.211
https://www.kirche-im-swr.de/?m=1176
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