Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Sich auf eine Pilgerreise einzulassen ist ein Abenteuer. Und Pilgern bedeutet für jeden etwas anderes. Trotzdem gibt es ein paar wesentliche Dinge, die für jeden unterwegs wichtig werden. Dazu gehört das Gehen. Ein Pilger, einer der in die Fremde geht, kann das Gehen bewusst als „Heran-gehens-weise" an den Weg nutzen. Einige Redensweisen verdeutlichen das: „Es geht wieder bergauf", oder „Ich gehe meinen eigenen Weg", auch „jemand hat mir einen Stein in den Weg gelegt". Wir reden davon, dass „einer den nächsten Schritt wagt" oder „zu weit gegangen ist". Gehen ist eine sehr ursprüngliche Erfahrung. Jedes Kind steht irgendwann zum ersten Mal auf seinen eigenen Füßen und wagt selbstständig erste Schritte. So eröffnet sich ein neuer, erstaunlicher Horizont. Deshalb ist Gehen von Kindesbeinen an eng damit verbunden, dass wir persönlich freier werden, wachsen und reifen. Als ich im August auf dem Jakobsweg unterwegs war, habe ich viele Pilger getroffen, die neue Wege in ihrem Leben einschlagen wollten. Sie haben sich auf „ihre eigenen Beine gestellt" und auf den Weg gemacht, ihre persönliche Freiheit neu zu entdecken. Wer sich auf den Jakobsweg bewusst einlässt, wird immer mehr spüren, dass Gehen eine körperliche und eine spirituelle Tätigkeit ist. Ich habe gewusst, wenn ich wieder nach Hause komme, wird sich vieles ändern. Mir war klar, dass ich mich neu orientieren muss. Mir hat geholfen, dass ich jeden Tag immer weiter gegangen bin, vorwärts auf neuen Wegen und in neue unbekannte Gegenden. Ich habe körperlich erlebt: das kann ich. Ich gehe meinen Weg weiter. Was ich selbst bin als Mensch, als Mutter, Frau, Freundin oder Kollegin, nehme ich mit in das Neue. Und das größte Geschenk an jedem Tag: ich war nicht allein. Ich habe nicht daran gezweifelt, dass ich begleitet bin, beschützt und geführt von der unsichtbaren göttlichen Kraft. Ich war mir sicher, dass sich zeigen wird, wie es weitergeht, auch wenn ich den nächsten Schritt noch nicht erkennen kann. Unglaublich ist das, habe ich oft gesagt, wie ich erlebe, dass Gott da ist. Ich habe das Unglaubliche geglaubt und es trägt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=11613
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