Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Guten Morgen.
Manchmal könnte ich mir auf die Zunge beißen, wenn mir wieder mal was rausgerutscht ist, was ich so nicht sagen wollte, was dann aber falsch verstanden wurde. „Entschuldigung, das hab ich nicht so gemeint!" „Tut mir leid, ich wollte Dich nicht verletzen!" kommt dann hinterher. Meistens zu spät!
Die Lyrikerin Hilde Domin hat genau das sehr treffend in einem Gedicht beschrieben:
„Unaufhaltsam"
„Das eigene Wort / wer holt es zurück, / das lebendige / eben noch ungesprochene / Wort?
Wo das Wort vorbeifliegt / verdorren die Gräser, / werden die Blätter gelb, / fällt Schnee.
Ein Vogel käme dir wieder, / Nicht dein Wort, / das eben noch ungesagte, / in deinen Mund.
Du schickst andere Worte / hinterdrein. / Worte mit bunten, weichen Federn.
Das Wort ist schneller, das schwarze Wort. / Es kommt immer an, / es hört nicht auf anzukommen.
Besser ein Messer als ein Wort. / Ein Messer kann stumpf sein, / ein Messer trifft oft am Herzen vorbei.
Nicht das Wort. / Am Ende ist das Wort, / immer / am Ende / das Wort."
Wenn heute Papst Benedikt im Bundestag eine Rede hält, dann hören viele zu. Genau zu. Ich erinnere mich noch daran, als er vor fünf Jahren einen Vortrag über Glaube und Vernunft an der Universität Regensburg hielt. Es war eine grundlegende akademische Rede. Er kam auf den "Dialog der Kulturen" zu sprechen, auf Christentum und Islam. Mit dieser Rede wollte er eine Kritik am Westen üben. Seine Worte aber führten in der islamischen Welt zu einer gewaltigen Diskussion. Auch wenn der Papst die westliche Weltermahnen wollte, sich auf die eigenen, von Glaube und Vernunft geprägten Wurzeln zu besinnen, so waren Muslime in aller Welt empört. Sie sahen das Gottesbild des Islam angegriffen. Die Gemüter waren erhitzt.
So hoffe ich für heute in Berlin, wenn viele dem Papst aufmerksam zuhören, dass kein „schwarzes Wort" gesagt wird, dem dann
andere Worte „mit bunten, weichen Federn" hinterher geschickt werden müssen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=11526
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