SWR2 Wort zum Sonntag

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Wer glaubt, ist nicht allein! Dieser Satz verbindet sich seit dem Papstbesuch in Bayern vor drei Jahren in besonderer Weise mit dem Pontifikat von Papst Benedikt. In den vergangenen Tagen durften Hunderttausende junger Menschen beim Katholischen Weltjugendtag in Madrid wieder einmal diese Erfahrung machen: Wer glaubt, ist nicht allein. Sie machten diese Erfahrung zusammen mit einem mittlerweile 84-jährigen Papst, der gesellschaftlich und kirchlich viel erlebt hat, und dem sich die Wahrheit dieses Satzes für sein Leben daher ins Herz gebrannt hat.
Oft erfahren sich heute gerade junge Katholiken in ihren Heimatgemeinden zu Hause isoliert und allein mit ihrem Glauben. Es gibt wenig andere Gleichaltrige, für die der Glaube auch wichtig ist oder die sich gar in der Kirche engagieren. Die Gottesdienstgemeinden sind überaltert. Das Verständnis für die Anliegen der Jungen ist nicht immer da. Darum ist es wichtig, von Zeit zu Zeit die Erfahrung von Gemeinschaft und Vernetzung machen zu können, von gemeinsamem Beten, Hoffen und Fragen. Gott sei Dank geht dies mittlerweile weit über Sprach-, Landes- und Kulturgrenzen hinaus.
Aus diesem Blickwinkel ist der Weltjugendtag viel mehr als ein Glaubensfest. Natürlich: In erster Linie sind diese Tage ein Fest des Glaubens. Es sind Tage der jungen Kirche, Tage der Begegnung mit Jesus Christus. Aber indem die jungen Gläubigen diese Erfahrungen machen, Erfahrungen des Glaubens und Lebens, indem sie sich als eine Gemeinschaft erfahren, Menschen aus anderen Kontinenten, mit anderen politischen und kulturellen Hintergründen kennen lernen können, gewinnen die Weltjugendtage eine eminent völkerverbindende Kraft. Kirche, Politik und Gesellschaft sind unterschiedlich von Land zu Land, erst recht von Kontinent zu Kontinent. Und doch bewegen die jungen Menschen die gleichen Fragen. Sie alle sehnen sich nach einer Hoffnung und nach einem Sinn ihres Lebens. Wer glaubt, ist nicht allein. Immer wieder ist von den Verantwortlichen und der Polizei an den unterschiedlichen Veranstaltungsorten der Weltjugendtage in Sydney, Köln, Rom oder Paris betont worden, wie unproblematisch diese Tage trotz der Teilnehmermassen ablaufen. Es sind friedliche Tage mit gut gelaunten Teilnehmern, wie sie sich jeder Veranstalter nur wünschen kann. Auch wenn es am Rande des Treffens in Madrid zu Handgreiflichkeiten gekommen ist, blieb es doch weitgehend friedlich und die Jugendlichen ließen sich nicht provozieren. Die geäußerten kritischen Anfragen nach den Kosten oder überhaupt der Präsenz des Glaubens in der Öffentlichkeit lassen freilich erahnen, dass den bekennenden Christen in Europa in den nächsten Jahren ein rauerer gesellschaftlicher Wind um die Ohren wehen könnte. Auch darum ist die Erfahrung einer Völker umspannenden Glaubensgemeinschaft so wichtig. Wer glaubt, ist nicht allein. Der Verlauf der Weltjugendtage macht deutlich, dass Religion - heute nicht selten negativ besetzt - gerade durch die Botschaft des Glaubens und ihren Verweis auf die Transzendenz des Menschen viel zum Aufbau von Kultur und Gesellschaft beitragen kann. Der Weltjugendtag hat hier einen deutlichen Gegenentwurf gesetzt zu dem, was wir gerade an Fernsehbildern aus Großbritannien gesehen haben. Einen Gegenentwurf aber auch zu einer generell pessimistischen Bewertung „der Jugend", wie es mitunter pauschalierend heißt. Junge Menschen sind fähig zur Hingabe und zur Begeisterung, sie sind interessiert, kulturell aufgeschlossen, friedlich, und ihre Frage nach dem Sinn des Lebens geht über die normalen Probleme unseres Alltags hinaus. Ich habe die Tage in Madrid wie ein großes, begeisterndes Fest erlebt, bei dem junge Christen Kraft schöpfen, Antworten erhalten, sich fest machen im Glauben. Bei dem sie in der Begegnung mit Christus und mit anderen Menschen das eigene Leben bereichern und vertiefen. Vielleicht kann ihre Begeisterung ja ein Vorbild sein, das zur Nachahmung anregt? Jeder braucht hin und wieder einen Ort oder eine Zeit der Vergewisserung, der Begegnung und der Stärkung. Machen Sie sich doch wieder einmal auf die Suche, am besten gemeinsam mit anderen. Denn, wer glaubt, ist nicht allein.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=11410
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