Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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“Kinder sind Zukunft.“ Ein schöner Satz. Aber ich glaube, zum Kinderkriegen ermutigt er niemand. Manchmal klingt es ja so, als wollten Politiker und Öffentlichkeit damit die Zeugungs- und Gebärfreudigkeit fördern. „Kinder sind Zukunft“ heißt dann: Sie zahlen uns später mal die Renten und: ‚Unser Land darf nicht vergreisen.’
Aber ich glaube, wegen der Zukunft entscheidet sich heute niemand mehr für Kinder. Im Gegenteil: Viele finden beim Blick in die Zukunft offensichtlich Gründe, sich gegen Kinder zu entscheiden.
Wenn ich meiner Tochter mit diesem Zukunftsargument käme, ich vermute, das würde sie eher zum Widerspruch reizen. „An wessen Zukunft denkst Du dabei? An die Zukunft Deiner Enkel, die ich auf die Welt bringen soll, an meine als Frau oder vor allem an Deine als Opa?“ Was sie am meisten ärgern würde, ist die Tatsache, dass Kinder vor allem „nützen“ sollen. Dass sie sich für Kinder entscheiden soll, damit die einen Zweck erfüllen. Ich verstehe, dass sie das ärgern würde. Kinder sind kein Mittel zum Zweck, deren Anschaffung von ihrem Nutzwert abhängt. Wie ein Fernseher oder eine Spülmaschine.
Wenn der Satz „Kinder sind Zukunft“ ihren Nutzen meint, dann finde ich ihn falsch. Menschen zu verzwecken verletzt ihre Würde und ihre Gottebenbildlichkeit. Gott schenkt das Leben, nicht weil es nützt. Sondern weil er Freude hat an seinen Geschöpfen. Und das gilt für alle Menschen, egal wie alt.
Wenn man seinen großen Kindern trotzdem Mut machen will zum Kinder kriegen, kann man das und wie? Vielleicht würde es ihnen ja gut tun, wenn wir ihnen erzählen oder sie spüren lassen, dass sie für uns ein Glück waren und sind. Dass sie das Leben erfüllen. Auch mit Sorgen. Dass sie uns auch geärgert haben und Kraft gekostet. Klar. Aber doch nicht nur. Meine zwei haben mir eine Menge Leben geschenkt, das ich ohne sie vermissen müsste, ohne es zu wissen. Ohne meine Kinder wäre ich viel älter und verknöchert. Man bleibt beweglich und lebendig: Das finde ich etwas unschätzbar Wertvolles, was einem wohl nur Kinder geben können, denen man sich nah fühlt und die man liebt.
„Kinder sind Gegenwart.“ Das hab ich in den vergangenen fast 25 Jahren immer wieder erlebt Sie halten einen gegenwärtig und lebendig. Kinder sind Leben. Darum auch Zukunft. Nicht wegen der Rente. Ich würde mich freuen, wenn meine Kinder sich für Kinder entscheiden, nicht weil sie nützlich sind, sondern aus Lebenslust und Liebe.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=1120
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